Kampf der Jugendarbeitslosigkeit: Zumindest was dieses Ziel angeht, trennt Österreichs Parteien nicht einmal das sprichwörtliche Blatt Papier. Die duale Ausbildung, also die gleichzeitige dreijährige Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule, ist hierfür von zentraler Bedeutung. Das Problem dabei ist: 1980 betrug die Zahl der Lehrlinge in Österreich noch 195.000 - 2004 sank sie auf 120.000 ( Grafik oben ).
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Politik hat auf diese Entwicklung natürlich reagiert - wenngleich die längste Zeit in Form von Sonntagsreden, deren Kern in aller Kürze lautete: Das duale Ausbildungssystem ist ein Erfolgsmodell, um das uns die ganze Welt beneidet. Am Schwund der Zahl der Lehrstellen hat das nichts geändert. Erst die Einführung einer Prämie, des Blum-Bonus, im Herbst 2005 hat diese Abwärtsentwicklung gestoppt. Seitdem bekommt jedes Unternehmen für jede neu geschaffene Lehrstelle eine Förderung von 400 Euro pro Monat im ersten, von 200 Euro pro Monat im zweiten und von 100 Euro im dritten Lehrjahr. Diese Maßnahme ist vorerst bis Juni 2007 befristet.
Aber die Probleme - laut ÖGB fanden im heurigen Herbst 25.000 Jugendliche keinen Ausbildungsplatz - lassen sich dauerhaft mit monetären Förderungen allein nicht beheben. Das haben nun auch die Sozialpartner erkannt. In dem Papier, das sie vergangene Woche den Regierungsverhandlern von SPÖ und ÖVP überreicht haben, findet sich eine kleine Sensation: die wechselseitige Kündigungsmöglichkeit des Lehrverhältnisses für Lehrling und Unternehmer jeweils am Ende des ersten und zweiten Ausbildungsjahres.
Auch wenn es keiner der politischen Verantwortungsträger so richtig laut sagen wollte: Die weitgehende Unauflösbarkeit eines Lehrvertrags - selbst dann, wenn sich der Lehrling als völlig ungeeignet oder unwillig erweist - hielt wohl nicht wenige Unternehmen davon ab, junge Menschen auszubilden.
Das ist ein Musterbeispiel dafür, wie ein Zuviel an arbeitsrechtlichem Schutz zum Handicap werden kann. Hut ab vor der Gewerkschaft, dass sie das erkannt hat. Bleibt zu hoffen, dass die Wirtschaft auf diese Flexibilität mit vielen zusätzlichen Lehrstellen reagieren wird.
Hier ist jedoch Skepsis angebracht. Denn die Zahl der potenziell zur Verfügung stehenden Lehrstellen ist nur die eine Seite des Problems. Die andere Seite ist die Lernbereitschaft, der Einsatzwille und der Ehrgeiz, kurz die Qualität der Lehrstellensuchenden.
Und um diese steht es leider viel zu oft nicht zum Besten. Kleinunternehmen und Familienbetriebe, also die Stützen des dualen Systems, können davon ein Lied singen. Nicht selten mangelt es an Tugenden und Fähigkeiten wie Pünktlichkeit, Umgangsformen, grundlegenden Rechen- und Rechtschreibkenntnissen. Dennoch ist zu hoffen, dass die künftige Kündigungsmöglichkeit zumindest jenen einen Ausbildungsplatz verschafft, die einen solchen auch wirklich wollen.