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Neue Hoffnung in Nordirland

Von unserer Korrespondentin Anne Cadwallader/Belfast

Politik

Der stagnierende Friedensprozess in Nordirland könnte einen neuen Anstoß erhalten. Für die nächsten Tage wird eine Erklärung der IRA erwartet, dass sie ihren 35-jährigen gewaltsamen Kampf aufgibt.


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Das Warten auf die Irische Untergrundarmee (IRA) könnte bald ein Ende haben. Ein hoher Vertreter der republikanischen Bewegung erklärte Anfang Woche, dass die IRA noch bis Ende Juli den Stop ihres gewaltsamen Kampfes gegen die britische Oberherrschaft über die Provinz und die einseitige Entwaffnung bekannt geben könnte.

Gerry Adams, Chef der grössten republikanischen Partei Sinn Fein, traf am Montag in London mit dem britischen Premierminister Tony Blair und später in Dublin mit dem irischen Ministerpräsidenten Bertie Ahern zusammen. Sinn Fein wird als politischer Arm der IRA angesehen. Adams hatte die IRA Anfang April zum Gewaltverzicht aufgerufen. Sein Chefunterhändler Martin McGuinness bestätigte jetzt, dass eine Antwort unmittelbar bevorstehen könnte. "Ich hoffe sehr, dass die IRA positiv auf die Aufforderung antwortet." Es sei klar, dass ein solcher Gewaltverzicht eine enorme Wirkung auf die politische Situation in Nordirland haben werde. Adams und McGuiness traten unterdessen nach Angaben des irischen Justizministers Michael McDowell von ihren Posten im sogenannten "Militärrat" der IRA zurück. Sinn Fein erwartet nun, dass die britische Regierung nach einem Gewaltverzicht der IRA Druck auf die loyalistischen Kräfte ausübt, damit diese sich ebenfalls wieder aktiv am Friedensprozess beteiligen.

Die stärkste loyalistische Partei, die Democratic Unionist Party (DUP) des extremistischen Protestantenführers Ian Paisley, steht der Erklärung der IRA aber bereits im voraus skeptisch gegenüber. Der wirkliche Test sei nicht, was die IRA sagt, sondern was sie danach tut, sagte DUP-Vorsitzender Maurice Morrow. Die Loyalisten fordern, dass die Entwaffnung der IRA genauestens belegt und von einer unabhängigen Kommission beaufsichtigt werden soll. Die IRA müsse auch die Rekrutierung und das Training neuer Mitglieder einstellen. Der stellvertretende DUP-Fraktionschef Peter Robinson forderte die britische Regierung auf, nicht länger auf Sinn Fein zu setzen. Die Geschichte habe gezeigt, dass die IRA nicht liefere, was von ihr erwartet wird.

Die DUP ist in den Unterhauswahlen Anfang Mai stärkste Kraft in Nordirland geworden. Auf der republikanischen Seite wurde die Position von Sinn Fein gestärkt. Die gemässigten Parteien beider Seiten, die Ulster Unionist Party und die republikanische SDLP, wurden geschwächt. Die DUP möchte eine Provinzregierung zusammen mit der SDLP, aber ohne Sinn Fein bilden. Die SDLP hingegen lehnt diesen Ausschluss der stärksten republikanischen Partei ab.