Wirtschaftskrise traf auch Immobilienentwickler. | Warimpex-Aktie wieder im Aufwind. | "Wiener Zeitung": Haben Sie ein schlechtes Gewissen? | Franz Jurkowitsch: Ich wüsste nicht warum.
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Wenn man Aktien an Investoren verkauft und diese Aktien wenige Jahre später nur noch ein Fünftel des Verkaufspreises wert sind, könnten manche Manager durchaus ein schlechtes Gewissen bekommen.
Ich glaube, ein schlechtes Gewissen müsste man dann haben, wenn die Mittel nicht dafür eingesetzt würden, wofür man geworben hat. Wir haben aber das Investitionsprogramm, das wir 2007 angekündigt haben, auch minutiös durchgeführt und genau jene Projekte realisiert, die im Emissionsprospekt aufgelistet waren - und zwar ungeachtet der schon kurz nach dem Börsegang makroökonomisch massiv schlechteren Rahmenbedingungen. Also habe ich keineswegs ein schlechtes Gewissen.
Schuld an der unerfreulichen Kursentwicklung ist also nur die Wirtschaftskrise?
Ja, außerdem ist der Börsenkurs nur eine Momentaufnahme. Die Börse spiegelt zwar den Zustand der Wirtschaft, aber dabei gibt es immer wieder auch Überreaktionen - in beide Richtungen. Als die große Krise kam, gab es in Bezug auf das bisherige Liebkind Zentraleuropa eine negative Überreaktion. Heute sieht das schon wieder ganz anders aus. Griechenland und die Mittelmeerländer stecken in Problemen, Länder wie Polen oder Tschechien haben demgegenüber vergleichsweise stabile Finanzen. Aber diese Phase der Unsicherheit an den Märkten hat sich auf die Immobilienaktien ausgewirkt. Das hat uns getroffen.
Ihr Unternehmen ist in der Entwicklung von Hotelimmobilien und -projekten tätig. Tourismus ist als besonders konjunktursensitive Branche von der Wirtschaftskrise naturgemäß besonders stark betroffen.
Sie sagen es. Wir sind in erster Linie in der Stadthotellerie tätig und verfügen über sehr viel Konferenzfläche, was uns in den Jahren 2002 bis 2007 sehr gute Ergebnisse gebracht hat. Die Wirtschaftskrise hat aber gerade dieses Segment des Tourismus besonders hart getroffen. Dazu kommt, dass es in unserem wichtigsten Markt Polen zeitweilig zu erheblichen Währungsschwankungen gekommen ist. Das heißt, wir hatten nicht nur die Nachfragerückgänge in den Märkten außerhalb Polens zu verkraften, sondern mussten aufgrund der Kursschwankungen des Zloty auch Abwertungen vornehmen, die aber reine Buch- und keine Cashverluste waren und auch das Potenzial für Aufwertungen in der Zukunft beinhalten.
Dass Sie in den vergangenen beiden Jahren mehr als 80 Millionen Euro - in altem Geld wäre das deutlich über eine Milliarde Schilling - an Wertberichtigungen vornehmen mussten, bedeutet aber nichts anderes, als dass die Häuser am Markt um diesen Betrag weniger wert sind.
Die Bewertung setzt sich ja aus drei Elementen zusammen. Das erste ist das zugrunde liegende Geschäft, das zweite die lokale Währung und das dritte der sogenannte Abzinsungszinssatz. Weil es aufgrund der Krise praktisch keine Transaktionen gab, mussten sich die Bewerter mit Hilfskonstruktionen behelfen, die zum Teil dramatische Wertverluste ergaben, die sich aber sehr rasch wieder erholen können.
Immobilienentwickler befinden sich derzeit in einer seltsam widersprüchlichen Situation: Einerseits ist das Zinsniveau sehr niedrig, was naturgemäß positiv ist. Andererseits verleihen die Banken das Geld zu diesen niedrigen Zinsen aber nur sehr, sehr zurückhaltend.
Das ist richtig, wobei ich auch feststelle, dass die Banken mittlerweile wieder beginnen, ihre Kreditportfolios zu erweitern.
Das heißt, die Finanzierungsbereitschaft der zeitweilig ja sehr risikoscheuen Banken steigt wieder?
Projektfinanzierungen haben eine durchschnittliche Laufzeit von sieben Jahren bis zehn Jahren. Den finanzierenden Banken reifen demgemäß jedes Jahr zwischen zehn und 15 Prozent ihres Portfolios ab. Wenn Sie also keine neuen Projekte finanzieren, ist nach zwei oder drei Jahren ein Drittel des Geschäfts und auch der Erträge weg. Es ist also nicht so sehr eine Frage der Risikobereitschaft, sondern des Geschäftsmodells.
Neue Projekte werden also wieder finanziert?
Ja. Zinshäuser wurden auch am Höhepunkt der Krise noch finanziert, weil dabei das Risiko wirklich sehr gering ist. Das Geschäft mit Kommerzimmobilien kam allerdings ziemlich zum Erliegen, aber auch da werden heute gute Objekte mit guten Mietern wieder finanziert. Bei der Entwicklung von Immobilienprojekten ist das Risiko am größten, weil es die meisten Unsicherheitsfaktoren gibt: Vielleicht gibt es ein Problem mit der Baugenehmigung, vielleicht gibt es ein Problem mit den Baukosten und vielleicht am Ende ein Problem mit der Vermietung. Daher sind die Banken in diesem Bereich noch am vorsichtigsten.
Wie schätzen Sie als Chef und Aktionär eines Unternehmens, das hauptsächlich in Osteuropa tätig ist, die künftige Wirtschaftsentwicklung Osteuropas ein?
Faktum ist, dass kaum einer der Wirtschaftsforscher die Krise überhaupt vorhergesehen hat und erst recht nicht in dem Ausmaß, wie wir sie erlebt haben. Daraus haben alle ihre Lehren gezogen und sind jetzt sehr vorsichtig, weil sich keiner zu weit aus dem Fenster lehnen will. Ich sehe im erweiterten Europa, einschließlich Ländern, die nicht in der EU sind, drei große Märkte, die eine enorme Eigendynamik aufweisen: Polen, die Türkei, und Russland. Die werden auch in Zukunft die Wachstumsmotoren Europas sein. Wenn wir uns auf die EU-Staaten beschränken, bin ich überzeugt, dass Polen in den Jahren 2010, 2011 und 2012 wesentlich bessere Resultate zeigen wird, als wir in den ohnedies recht positiven Prognosen sehen. Ich bin auch die Tschechische Republik und die Slowakei betreffend sehr optimistisch. Und betreffend Ungarn bin ich nicht so pessimistisch wie viele Ökonomen. Die letzte Regierung hat einen harten, aber notwendigen Sanierungskurs eingeleitet, der für die nun kommende Regierung eine gute Basis darstellt.
Im Vorfeld der Wirtschaftskrise sind in Österreich mit Immofinanz und Meinl European Land zwei große Immobilienaktiengesellschaften in gravierende Probleme geraten. Wie sehr haben diese Affären den anderen Immobiliengesellschaften geschadet?
Kurzfristig hat es sicherlich allen geschadet, weil es bei den Anlegern zu großem Misstrauen geführt hat. Mittlerweile ist aber klar geworden, dass die Thematik keine branchenspezifische war. Die betroffenen Unternehmen sind im Wesentlichen wegen des fragwürdigen Einsatzes von Gesellschaftskapital für Aktienrückkäufe in die öffentliche Diskussion geraten und nicht mit ihrem eigentlichen Geschäft, nämlich den Immobilienveranlagungen. Unter anderem auch deshalb haben die Kurse der Immobilienaktien vom Tiefpunkt mittlerweile wieder einen gewaltigen Sprung gemacht.
Auch der Kurs der Warimpex-Aktie hat sich vom Tiefpunkt inzwischen wieder mehr als verdoppelt. Aber der Emissionskurs ist noch in weiter Ferne. Glauben Sie, dass der Aktienkurs irgendwann seine historischen Höchststände wieder erreichen wird?
Unter dem Szenario einer halbwegs normalen Wirtschaftserholung durchaus. Wir betreiben anteilsbereinigt etwa 3500 Hotelzimmer. Bei einer sehr moderaten Auslastung von 60 oder 61 Prozent ergibt das 220 Vollbelegstage. Wenn wir es schaffen, die Zimmerpreise um zehn Euro anzuheben - was, verglichen mit den Preisniveaus, die wir in der Vergangenheit bereits hatten, sehr wenig ist -, dann ergibt das ungefähr acht Millionen Euro an zusätzlichem Ertrag. Den Unternehmenswert würde das um etwa 100 Millionen steigern. Dividiert durch 40 Millionen Aktien ergibt das 2,50 Euro pro Aktie. Und bei dieser Rechnung haben wir noch kein einziges neues Projekt realisiert. Ich bin also durchaus optimistisch.
In Wien wird derzeit eine ganze Reihe von Fünf-Stern-Hotelprojekten verwirklicht. Warimpex hält eine Beteiligung an dem in Realisierung begriffenen Hotelprojekt am Wiener Schottenring. Verkraftet Wien mitten in einer weltweiten Wirtschaftskrise wirklich so viele zusätzliche Hotelbetten im gehobenen Segment?
Für eine Stadt ist es gut, wenn es vielfältigen Wettbewerb gibt, weil sie erst dann als Ort für große Tagungen interessant ist. Große Tagungen brauchen große Bettenkapazitäten.
Aber allein mit Kardiologenkongressen mit 15.000 Teilnehmern ist ein Fünf-Sterne-Hotel nicht 365 Tage im Jahr auszulasten.
Nein, aber viele Hotels haben ihre spezifische Klientel, die der jeweiligen Marke treu sind. Das neue "Shangri-La" bringt sicher neue Gäste aus dem asiatischen Raum. So wie es Leute gibt, die das "Four Seasons" gewöhnt sind. Neue Marken bringen auch neue Kundschaft. Natürlich nicht, um das Hotel zur Gänze auszulasten, aber für die Stadt ist es gut.
Aber der Umbau des Palais Hansen am Schottenring wird ja nicht mit der Absicht vorgenommen, Wiens Infrastruktur als Konferenzstadt zu verbessern, sondern um damit Geld zu verdienen.
Das werden wir auch. Wir sind Immobilienentwickler und Investoren. Zusammen mit unseren Partnern Wien Holding, Wiener Städtische Versicherung und Porr werden wir in dem Objekt einerseits Luxuswohnungen verkaufen. Zweitens haben wir für das Hotel bereits einen Pachtvertrag mit Kempinski fixiert. Das unternehmerische Risiko des Hotelbetriebes liegt also bei Kempinski.
Zur Person
Der gebürtige Wiener Franz Jurkowitsch, 61, studierte an der Hochschule für Welthandel in Wien und war nach Abschluss des Doktorats im Jahr 1971 im Export tätig. 1973 trat Jurkowitsch als Geschäftsführer und Gesellschafter in die Warimpex Export-, Import- und Transithandelsgesellschaft ein. Seit 1986 ist er Aktionär und Vorstandsmitglied bei der Immobilienentwicklungs- und Investmentgesellschaft Warimpex.
Jurkowitsch ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sohn Alexander ist seit 2006 ebenfalls im Vorstand der Warimpex tätig.
Jurkowitsch senior ist seit dem Jahr 1999 auch Aufsichtsratvorsitzender der Vienna International Hotelmanagement AG und seit 2004 Mitglied im Aufsichtsrat des IT-Dienstleisters S&T.
Seit 1982 entwickelte die Warimpex-Gruppe Immobilien mit einem Investitionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro, darunter vor allem Fünf- und Vier-Sterne-Luxus- und Businesshotels.