Ein weiterhin dynamisches Wirtschaftswachstum, aber auch große Probleme am Arbeitsmarkt erwartet das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleich (wiiw) in seiner aktuellen Wirtschaftsprognose für die meisten neuen EU-Mitgliedsländer sowie für die Staaten in Südosteuropa.
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"Die Länder tragen zu einer Wachstumsdynamik in der erweiterten EU bei", sagte wiiw-Forscher Peter Havlik gestern in einer Pressekonferenz. Während das Bruttoinlandsprodukt in den "alten" EU-15-Ländern vergangenes Jahr 2,2% betragen hat, lag das BIP in den fünf neuen Mitgliedsländern Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien bei 4,8%.
Diese Dynamik werde sich weiter fortsetzen (siehe Grafik), eine merkbare Verlangsamung des Aufschwungs sei nur in Polen zu erwarten. Dort werde sich die Aufwertung des Zloty negativ auf die Exporte auswirken und damit auch das Wachstum bremsen, erklärte Havlik. Diesen Trend zur Aufwertung der Währung gegenüber dem Euro gebe es auch in Ungarn und der Slowakei, aber dort würden die Auswirkungen nicht so stark durchschlagen.
Obwohl das wiiw auch für die nächsten zwei Jahre ein Wirtschaftswachstum von 4 bis 5% in diesen fünf neuen EU-Ländern prognostiziert, werde sich die Lage am Arbeitsmarkt nicht so rasch verbessern. Die Arbeitslosenquote lag in diesen Ländern im Jahr 2004 mit 15,1% fast doppelt so hoch wie in den EU-15 mit 8,1%, und an diesen Zahlen wird sich laut den Prognosen des Instituts nicht viel ändern. "Besorgniserregend ist vor allem die Lage in Polen", so Havlik.
Entscheidende Jahre in Südosteuropa
In Südosteuropa zeigt sich ein ähnliches Bild: Hohes Wirtschaftswachstum und trotzdem hohe Arbeitslosigkeit. Dabei handle es sich um ein sektorales und regionales Problem von Ländern mit einem großen Landwirtschaftssektor, so die Experten. Entscheidend für eine Verbesserung der Situation sei daher die Entwicklung des Dienstleistungssektors. Die großen regionalen Unterschiede - mit niedriger Arbeitslosenquote in den Großstädten und hoher Arbeitslosigkeit in ländlichen Regionen - zeigen sich zum Beispiel auch sehr deutlich in der Slowakei, Rumänien und Bulgarien.
"Die nächsten zwei Jahre werden entscheidend für diese Region sein", verwies Havlik auf die anstehenden Entscheidungen in Südosteuropa, wie die Klärung des Status des Kosovo und die mögliche Trennung von Serbien und Montenegro. Havlik kann sich vorstellen, dass die gesamte Region Südosteuropa um das Jahr 2015 Teil der EU ist. Auch ein Beitritt der Türkei werde dann aktuell - vielleicht auch der Ukraine und Moldawiens. Diese enormen Herausforderungen werden eine tiefgreifende Reform des gesamten EU-Systems erfordern, so Havlik.