Modellversuch wird im Burgenland ausgeweitet. | Wien. Im vergangenen Schuljahr wurden in Österreich erstmals Hauptschulen und AHS-Unterstufen in Neue Mittelschulen (NMS) umgewandelt. Ein Modellversuch, der innenpolitisch heftig umstritten war. Erste Erfahrungen zeigen - weiß man zumindest im Unterrichtsministerium - dass das Projekt ein Erfolg wird. "Da, wo wir die Neue Mittelschule haben, sind Eltern und Lehrer sehr zufrieden", sagt Nikolaus Pelinka, Pressesprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zehn Prozent der Schüler durften ursprünglich pro Bundesland von dem Modellversuch erfasst werden, jetzt sind es zehn Prozent bundesweit. In manchen Ländern, etwa dem Burgenland oder Vorarlberg, sind die Schulen von dem neuen Modell derart begeistert, "dass wir mit dem landesweiten 10-Prozent-Limit an unsere Grenze stoßen", sagt Pelinka. Im Burgenland beginnt das neue Schuljahr tatsächlich mit einer Ausweitung des Modellversuchs. Zu den bisher neun Standorten kommen 19 weitere hinzu. Insgesamt werden dann 78 Klassen von dem Bildungsprojekt erfasst. Burgenlands SPÖ-Bildungssprecherin Doris Prohaska zeigte sich in einer Pressekonferenz am Donnerstag fast euphorisch und sprach von einer "Aufbruchsstimmung rund um die Neue Mittelschule".
In der ÖVP Burgenland ist man weit weniger begeistert: Das Etikett sei neu, Umsetzung und Inhalt der Neuen Mittelschule seien jedoch mangelhaft, kritisiert ÖVP-Landesgeschäftsführer Christian Sagartz.
244 Standorte
Große Nachfrage an dem neuen Schultyp herrscht in Vorarlberg. Das kleine Bundesland hat mit 51 die meisten Standorte. Österreichweit wird es ab Herbst die Neue Mittelschule an 244 Einrichtungen geben. Wobei das Interesse an dem Modellversuch vor allem an Hauptschulen besteht. AHS werden weniger erfasst, in Wien gibt es allerdings sechs Gymnasien, die an dem Projekt beteiligt sind. Es wird nicht von Politikern entschieden, ob eine Schule zur Neuen Mittelschule wird, sondern von Eltern, Lehrern und Schülern.
Die Neue Mittelschule unterscheidet sich von herkömmlichen Schultypen durch neue Unterrichtskonzepte. So erhalten Hauptschullehrer Unterstützung von AHS- oder BHS-Lehrern, die Betreuung ist durch Gruppenunterricht besser. Das vor allem von der SPÖ verfolgte Ziel der NMS ist es aber, die Trennung der Schüler in Hauptschule und AHS im Alter von 10 Jahren zu beenden. Auslöser für die neu entflammte Debatte waren die Pisa-Studien, bei der Österreichs Schüler im internationalen Vergleich eher schlecht abschnitten. Das österreichische Schulsystem, so hieß es, würde Kinder aus bildungsfernen Schichten benachteiligen und quasi zu einer Vererbung des Bildungsstatus der Eltern an die Kinder führen.
Die Debatte um einen einheitlichen Schultyp ist nicht neu, sie geht in die Erste Republik zurück. In den 70er und 80er Jahren wurden hierzulande Integrierte Gesamtschulen (IGS) errichtet - als Schulversuch. Diesen Versuchen war kein großes Glück beschieden, sie wurden wieder eingestellt. Jetzt setzt sich innerhalb der ÖVP langsam die Überzeugung durch, dass eine Reform nötig wäre. Die Wirtschaftskammer oder die ÖVP Vorarlberg etwa sind zu dieser Auffassung gelangt.
Ob sich die Neue Mittelschule durchsetzen wird, kann man im Unterrichtsministerium nicht beantworten. Fix sei nur, dass der Modellversuch in drei Jahren von Experten bewertet werde. Danach will man versuchen, die NMS überall umzusetzen.