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Neue Operation am AKH Wien

Von Alexandra Grass

Wissen

Lymphödeme sind häufige Folgen von Krebsoperationen. | Ein Bypass kann helfen, wenn andere Therapien versagen. | Wien. Beim sogenannten sekundären Lymphödem quälen die Betroffenen neben dem Anschwellen eines Körperteils oft auch ein Schweregefühl und Schmerzen. In ausgeprägter Form können durch die zunehmende Schwere der Arme oder Beine, auch durch eine verminderte Abbiegbarkeit der Gelenke, massive Bewegungseinschränkungen die Lebensqualität drastisch herabsetzen. Diese Lymphödeme entstehen am häufigsten nach Brustkrebs- und Prostatakrebsoperationen, können aber auch nach Bestrahlungen, Infektionen oder Verletzungen auftreten.


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Das primäre Lymphödem entsteht hingegen durch angeborene Missbildungen oder Funktionsstörungen des Lymphgefäßsystems. Die Österreichische Lymph-Liga, eine Interessensvereinigung von Ärzten, Therapeuten, Bandagisten und Patienten, spricht von insgesamt mehr als 130.000 Betroffenen.

Wesentlicher Teil des Immunsystems

Das Lymphsystem ist ein wesentlicher Teil des Immunsystems und vor allem für den Abtransport von Gewebsflüssigkeit, Zelltrümmern, Fremdkörpern und Bakterien verantwortlich. Die Lymphe selbst ist eine klare hellgelbe Flüssigkeit, die durch Austritt von Blutplasma aus den Blutkapillaren ins Gewebe entsteht. Zunächst fließt sie in kleinste Gewebsspalten, dann durch ein Netzwerk zartwandiger Lymphgefäße, die durch die Achsellymphknoten ziehen, in das Venensystem zurück. Die Knoten dienen dabei als Filter.

Kommt es allerdings - etwa im Zuge einer Brustkrebsoperation durch die Entfernung der Lymphknoten in den Achseln - zu einer Störung des Abtransportes bzw. der Transportkapazität, bleiben die Flüssigkeit und das Eiweiß im Gewebe zurück, was sich in Form von Schwellungen bemerkbar macht.

Nach einer Brustkrebsoperation leidet jede zehnte Frau unter einer leichten bis schweren Form des Lymphödems, bei Männern ist es jeder fünfte nach einer Prostatakrebsoperation, erklärte Dr. Uwe Bach von der Abteilung Physikalische Medizin an der Rudolfsstiftung im Rahmen einer Informationsveranstaltung der Initiative m.a.l.v.e. - eine Initiative zur Beratung von Krebspatienten in der Wiener Krankenanstalt.

Aktivität steigert den Lymphfluss

Die Behandlung dieses chronischen Leidens erfolgt mittels einer kombinierten physikalischen Entstauungstherapie. Eingesetzt werden manuelle Lymphdrainage, Kompressionstherapie und spezielle Bewegungsübungen. Denn mit Aktivität ist der Lymphfluss um das zwei- bis vierfache zu steigern und manchmal stauen sich immerhin zwei Liter Flüssigkeit an der betroffenen Stelle, betonte Bach. Auch Hautpflege steht an oberster Stelle, um die Haut widerstandsfähiger zu machen.

Der Grund: Die wichtigste Komplikation ist das Erysipel - auch Wundrose oder Rotlauf genannt. Dabei handelt es sich um eine Streptokokken-Infektion, die meist mit einer Verschlimmerung des Ödemzustandes einhergeht. Durch das Ödem wird eine Infektion begünstigt und durch die Infektion werden wiederum die Lymphgefäße weiter geschädigt, was sich als Teufelskreis erweist. Vor allem die Ansammlung der eiweißreichen Lymphe im Gewebe stellt einen guten Nährboden für Keime dar.

Weiters kann es zu Pilzinfektionen, Infektionen entlang der Lymphgefäße sowie vermehrter Verhornung der Haut kommen. Priorität hat daher die Prophylaxe. Hierbei gilt es, vor allem Verletzungen zu meiden, betont der Mediziner.

Bei manchen Betroffenen kann jedoch trotz intensiver physikalischer Therapie keine Besserung erzielt werden - es versagt praktisch jede Behandlung und die Fibrose schreitet fort. Meist handelt es dabei um Frauen nach Brustkrebsoperationen.

Ein Ärzteteam am Wiener AKH hat kürzlich erstmals in Österreich eine Operation durchgeführt, wobei vom Oberschenkel der betroffenen Patientin zwei Lymphgefäße entnommen und mittels mikrochirurgischer Nahttechnik zwischen Oberarm und Hals wieder eingepflanzt wurden.

Dadurch konnte ein sogenannter Bypass geschaffen werden, also eine Überbrückung der bei der Krebsoperation entfernten Lymphgefäße in der Achsel. Damit konnten ein verbesserter Lymphfluss und eine Abnahme des Wasserstaus erreicht werden.

Bypass-Methode in Deutschland entwickelt

In Deutschland ist der Eingriff nicht neu. Das Prinzip dieser lympholymphatischen Bypass-Operation wurde in München von Univ.-Prof. R. G. Baumeister entwickelt, zur Reife gebracht und nun in Wien erstmals von Univ.-Prof. Edvin Turkof, plastischer Chirurg am AKH Wien, gemeinsam mit dem Gynäkologen Univ.-Prof. Michael Seifert durchgeführt. Die Erfolgsrate in München beträgt etwa 66 Prozent. "Wir hoffen, in ein bis zwei Jahren ähnliche Ergebnisse zu erreichen", sagt Turkof.

Info: http://www.lymphoedem.at