Das Areal Trabrennbahn soll von der Stadt zu billig verkauft worden sein, lauten neue Vorwürfe.
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Wien. Als unter Graf Kálmán Hunyady, erster Präsident des "Wiener Trabrenn-Vereins", im Jahr 1878 die Krieauer Rennbahn eröffnet wurde, konnte sich noch niemand vorstellen, dass mehr als hundert Jahre später die Welt des Trabrennsports eine andere geworden ist. Große Erfolge, wie der "Jahrhundert-Traber Heinrich" in den 1930er Jahren, wurden im Laufe der Zeit gefeiert, heute geht das Publikum lieber in Wettlokale oder spielt am Handy. Der interessierte Kreis ist kleiner geworden. Der Trabrennbahn-Verein hat Mühe, den Betrieb aufrecht zu erhalten, und eine baufällige Tribüne ist seit Jahren abgesperrt.
Die Stadt hat nun große Pläne mit dem Areal, und das nicht erst seit gestern. Im Jahr 2004 verkaufte sie eine Grundstücksfläche von 107.000 Quadratmetern rund um die Trabrennbahn Krieau an eine 100-prozentige Tochterfirma der Wien Holding, an die LSE Liegenschaftsstrukturentwicklungs GmbH um 32,1 Millionen Euro. Im Jahr 2011 wurden die Grundstücke an die private Immobilienfirma IC Projektentwicklung um 60 Millionen Euro weiterverkauft. Die Firma hatte bereits ein Jahr zuvor den benachbarten Komplex "Viertel Zwei" errichtet. Auf den neuen Grundstücken finden sich die teilweise denkmalgeschützten Stallungen der Rennbahn Krieau und zwei der drei Tribünen in der Westkurve.
Noch Sportstätten-Widmung
Ab dem Jahr 2015 ist dort der Bau von Wohnungen, Hochhäusern und Büros geplant. Eine Widmung dafür gibt es aber noch nicht. "Die von der IC Projektentwicklung gekauften Grundstücke beim Areal Trabrennbahn Krieau haben derzeit noch eine Sportstätten-Widmung und wurden bis dato noch nicht umgewidmet", wurde seitens des Büros von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou am Mittwoch gegenüber der "Wiener Zeitung" bestätigt. Dass der Verkauf der Liegenschaften "zu günstig" über die Bühnen gegangen sei - der "Falter" berichtete -, konnte naturgemäß nicht bestätigt werden. Der Verkaufspreis sei für die Gegend angemessen gewesen, hieß es laut eines Sprechers der Wien Holding am Mittwoch.
300 Euro pro Quadratmeter sollen die Entwickler für die Krieau-Gründe bezahlen, insgesamt 60 Millionen Euro. Laut "Falter" halten Experten diesen Preis für deutlich zu gering. Auch werde das Geld bis auf einen Vorschuss von sieben Millionen Euro erst nach Fertigstellung überwiesen und das eventuell auch nicht ganz: Denn im Vertrag sei vereinbart, dass die Stadt unter anderem für Abbruch- und Entsorgungskosten und die Sanierung der unter Denkmalschutz stehenden Tribünen der Trabrennbahn aufkommen muss. Die Kosten dafür sollen vom Kaufpreis abgezogen werden.
Kontrollamt-Kritik
Der Stadtrechnungshof hat bereits im Jahr 2006 ein Gutachten ausgestellt, wonach einiges an dem Verkauf kritisiert wurde. "Besagter Gesellschaft sollte auch eine Option für den Kauf des Entwicklungsgebietes Krieau inklusive Trabrennbahn, Stallungen und Tribünen bis zum Jahr 2012 eingeräumt werden, wobei der Verkaufspreis erst später durch einen beeideten Sachverständigen festgestellt werden wird", hieß es in dem Bericht der MA69 zur Prüfung betreffend "intransparenter Grundstückstransaktionen". Und weiter: Derartige kostenlose, so lang laufende, einseitige Optionsgeschäfte seien branchenunüblich, Fragen des Kaufpreises für diese Beteiligungen und wie spätere Gewinne geteilt werden sollen, blieben ungeklärt und die Eruierung des Kaufpreises sei aufgrund einer branchenunüblich kurzen Berechnung erfolgt, ausgeführt auf einer einzigen Seite im Vorlageakt.
Für die Wien Holding GmbH erklärt sich das so: Der Verkaufspreis könne immer noch steigen, denn neben dem fixen Preis seien die sogenannten Besserungsklauseln vereinbart worden. "Wenn die Widmung zugunsten des Käufers geändert wird, sprich eine Sportstättenwidmung geht in eine Wohnungswidmung über, dann muss der Käufer aufzahlen", so ein Sprecher. Genauso könne umgekehrt der Wert der Liegenschaft gemindert werden, wenn etwa hohe Sanierungen zu tätigen sind. Auch für Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) gibt es hier keine Ungereimtheiten: Der Preis sei angemessen gewesen und entspreche umliegenden Vergleichswerten. Zudem habe man einen externen Sachverständigen hinzugezogen, hieß es dazu.
Weshalb übernimmt die Stadt überhaupt Sanierungskosten für einen privaten Eigentümer? Für die Wiener ÖVP ein Rätsel. Die Opposition hätte von Anfang an gegen dieses Projekt gestimmt. Der Verkauf des Grundstückes im Jahr 2004 wurde gegen den Willen der Opposition getätigt. Das Kontrollamt sei damals auf Antrag der ÖVP eingeschalten worden, sagt Planungssprecher Bernhard Dworak zur "Wiener Zeitung". "Der Verkauf an die IC Projektentwicklung müsste geprüft werden, wer hat das gemacht", sagt er. Ebenso wenig habe die ÖVP dem Aktenstück aus der Sitzung der Stadtentwicklungskommission vom 11. März 2014 zugestimmt. Darin ist die Evaluierung des Leitbildes U2-Achse festgehalten - mit Schwerpunkt Umfeld Krieau. Die Teile des Areals Westkurve und Stallungen werden in dem Bericht als "noch offene Potentiale" beschrieben. Als Basis für die Flächenwidmung und eines nachfolgenden Realisierungswettbewerbes werden unter anderem folgende Rahmenbedingungen formuliert: Berücksichtigung der Anforderungen des Denkmalschutzes, Bebauungsdichte und -höhe in Anlehnung ans Umfeld ("Viertel Zwei", WU) und sensibler Umgang mit dem angrenzenden Landschaftsschutzgebiet Prater. Dworak ist "skeptisch". Die Wiener FPÖ möchte gar Anzeige gegen den damaligen Wohnbaustadtrat und nunmehrigen Bundeskanzler Werner Faymann einbringen und den Stadtrechnungshof erneut einschalten.
Für eine Stellungnahme nicht erreichbar war am Mittwoch der Nationalratsabgeordnete Anton Gaál, der seit dem Jahr 2004 Präsident des Trabrennbahn-Vereins ist. Der ehemalige SPÖ-Verteidigungssprecher setzte sich gleich zu Beginn seiner Vereins-Präsidentschaft das Ziel, ein professionelles Nutzungskonzept für die Krieau zusammen mit der Stadt Wien zu erarbeiten. Gemeinsam mit IC Projektentwicklung soll Wohnraum für 5000 Menschen geschaffen werden.