Neue "Untermieter" in den Mobilfunknetzen punkten mit attraktiven Tarifen. Mit Tchibo mobil ist ein neuer Kämpfer im Ring.
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Wien. Sim-Karten und Handys neben Damenunterwäsche und Kaffeekapseln: Das Sortiment in den rund 150 österreichischen Tchibo-Filialen ist seit Kurzem um zwei Mobilfunktarife und Smartphones der Marke Samsung Galaxy reicher. Nach dem Online-Start im April sei die Nachfrage so groß gewesen, dass man das Mobilfunk-Angebot, das sich exklusiv an die Inhaber der Tchibo-Kundenkarte richtete, auch stationär ausrollte, heißt es. Rund 2 Millionen PrivatCard-Besitzer gibt es derzeit. Tchibo lockt sie mit attraktiven Preisen. So kostet das billigere der zwei angebotenen Tarifpakete 9,90 Euro für 1000 Gesprächsminuten, 500 SMS und 5 GB Datenvolumen im Monat - billiger geht es kaum.
Spusu peilt heuer 200.000er-Marke an
Wer sich für Tchibo mobil entscheidet, telefoniert und surft im LTE-Netz von Hutchison Drei Austria, neben A1 Telekom und T-Mobile Austria der dritte im Bund der "echten" Netzbetreiber. Tchibo ist ein virtueller Mobilfunkanbieter und greift dabei auf das Know-how des Wiener IT-Unternehmens Mass Response zurück, der Firma, die auch hinter dem Diskonter Spusu steht. Spusu steht nach drei Jahren am Markt bei rund 130.000 Kunden. "Wir erwarten, die 200.000er-Marke noch bis zum Jahresende zu erreichen", sagt ein Spusu-Sprecher auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Man sei diesbezüglich zuversichtlich, denn die Wachstumsrate liege aktuell bei rund 10 Prozent pro Monat.
Der Markteintritt neuer Player hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Mobilfunktarife gesunken sind. Heuer zahlen laut einer Analyse der Arbeiterkammer (AK) Durchschnittskunden für die Kombination aus Surfen und Telefonieren um fast 46 Prozent weniger als 2017, wenn sie den für ihr Verbrauchsverhalten günstigsten Tarif nutzen. Intensivnutzer haben einen Preisvorteil von rund 30 Prozent.
Seit Anfang 2015 mischt auch der Lebensmitteldiskonter Hofer (450 Filialen in Österreich) mit günstigen Tarifen auf dem heimischen Mobilfunkmarkt mit und profitiert von der hohen Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, den Handyanbieter zu wechseln. Am Ende des ersten Quartals 2015 meldete HoT bereits 167.000 aktive Kunden, mittlerweile sind es über 800.000.
Hofer nutzt das Netz von T-Mobile Austria und kooperiert mit Ventocom, einem Unternehmen des Mobilfunk-Managers und Ex-Chefs von Orange, Michael Krammer. Ventocom steuert als virtueller Netzbetreiber neben dem Know-how für die Produkt- und Tarifentwicklung die technische Plattform bei und wickelt sämtliche Mobilfunkdienstleistungen ab, Hofer sorgt für Vertrieb und Marketing. Ventokom-Chef Krammer ist seit 2013 auch Präsident des SK Rapid. Im November 2016 gab er den Anpfiff für Rapid Mobil, einen eigenen Tarif für Anhänger des Fußballvereins. Die Erlöse gehen an den SK Rapid.
Telefonieren und Surfen und dabei Gutes tun
Spusu, HoT & Co sind ein Nebenprodukt der Übernahme von Orange durch Hutchison Drei im Jahr 2012. Die EU-Wettbewerbshüter haben Mobilfunker "Drei" im Gegenzug für den Deal vorgeschrieben, sein Netz zu günstigen Bedingungen an Quereinsteiger zu vermieten. Seither vermieten auch A1 und T-Mobile ihre Infrastruktur.
Mit Tchibo Mobil kam die 40. Marke auf den Markt. Doch nicht nur die virtuellen Anbieter überbieten sich gegenseitig mit attraktiven Tarifen. A1, "Drei" und T-Mobile liefern sich auch mit ihren eigenen Billigmarken harte Preiskämpfe.
Dass es auf den Preis ankommt, weiß mittlerweile auch Andrea Pichler, Ehefrau von Mass-Response-Chef Franz Pichler und Obfrau des gemeinnützigen Vereins "Help me", der sich mit sozialen Projekten für hilfsbedürftige Familien in Österreich einsetzt, unter anderem auch mit einem "sozialen" Mobilfunkangebot. 1 Euro pro verkaufter Sim-Karte von Help mobile geht als Spende in den Verein. Die technische Abwicklung und das Kundenservice übernimmt Mass Response. Es gibt mehrere Tarife zur Auswahl, das Paket mit 1000 Gesprächsminuten, 500 SMS und 5 GB Datenvolumen kommt derzeit auf 9,50 Euro im Monat. "Unsere Tarife waren am Anfang höher, dann sind wir runtergegangen", sagt Pichler. Bei den österreichischen Mobilfunkkunden komme es oft auf ein, zwei Euro an, die sie sich im Monat ersparen könnten, wenn sie den Tarif wechseln. Plattformen wie durchblicker.at machen es Kunden leicht, Tarife zu vergleichen und zu sparen. Der Startschuss für Help mobile fiel im August vergangenen Jahres, bis jetzt hat der Verein etwa 4000 Sim-Karten verkauft. Bis Jahresende will man auf 10.000 kommen. "Uns geht es nicht darum, reich zu werden", betont Pichler.
Help mobile ist nicht der einzige soziale Mobilfunkanbieter. Bei Goood mobile - ein weiterer virtueller Mobilfunkanbieter im Netz von A1 - werden zehn Prozent des monatlichen Paketpreises automatisch an gemeinnützige Organisationen gespendet. Die Kunden entscheiden dabei selbst, welcher Einrichtung ihre Spende zugutekommt. Außerdem gehen 25 Prozent der jährlichen Gewinne, die von dem Unternehmen erwirtschaftet werden, ebenfalls an andere Social Businesses.
Newcomer sind hartem Wettbewerb ausgesetzt
Ebenfalls "Untermieter" bei A1 ist Lycamobil Austria, Teil des 2006 gegründeten, weltgrößten internationalen virtuellen Mobilfunkanbieters Lycamobil, der Prepaid-Sim-Karten in mittlerweile 23 Ländern verkauft. Anvisiert werden vor allem Kunden, die viel ins Ausland telefonieren.
Es gibt noch eine ganze Menge weiterer kleiner Mobilfunker, die kaum jemand kennt. Branchenkenner gehen davon aus, dass angesichts der extrem kompetitiven Preise nicht alle Newcomer überleben werden, da ein heftiger Verdrängungswettbewerb im Gange ist.
Laut neuestem Telekom Monitor der Telekomregulierungsbehörde RTR verzeichnete A1 im dritten Quartal des Vorjahres 5,5 Millionen Kunden und kam damit auf einen Marktanteil von 36,7 Prozent, gefolgt von T-Mobile (4,8 Millionen Kunden, 32,2 Prozent) und Hutchison Drei Austria (3,6 Millionen Kunden, 24,4 Prozent). Hofer kommt mit HoT auf 4,4 Prozent Marktanteil.
Die nächste große Herausforderung für die großen Mobilfunker ist die Einführung von 5G. Im Fokus von A1, T-Mobile und "Drei" steht vor allem, wie viel die anstehenden Frequenzauktionen kosten werden.