Zum Hauptinhalt springen

Neue Regeln für Abfertigungsberechnung

Von Andreas Tinhofer

Wirtschaft
Andreas Tinhofer ist  Rechtsanwalt und Partner bei MOSATI Rechtsanwälte. www.mosati.at

Eine unrichtig berechnete Abfertigung kann zu Nachforderungen des Arbeitnehmers und des Finanzamts führen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Auch Gewinnbeteiligungen, Prämien und Boni sind in die Abfertigung (nur) insoweit einzubeziehen, als sie für die letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden zustehen.

In einer aktuellen Entscheidung des OGH (27.7.2011, 9 ObA 22/11t) ging es um eine Führungskraft, die nach rund 27-jähriger Dienstzeit mit Ende 2007 aus dem Unternehmen ausschied. Aufgrund eines langfristigen Vergütungsplans ("Long-Term Compensation Plan") war dem Manager im Jahr 2007 eine Gewinnbeteiligung von rund 600.000 Euro in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt worden. Diese Vergütung stand unstrittig für den Zeitraum 2000 bis 2006 zu, für 2007 hatte der Dienstnehmer keinen Anspruch auf Gewinnbeteiligung.

Rechtsstreit über Höhe der Abfertigung

Der Rechtsstreit entzündete sich an der Berechnung der gesetzlichen Abfertigung. Nach dem "alten" Abfertigungsrecht (Beginn des Dienstverhältnisses vor dem 1. 1. 2003) hängt die Höhe der Abfertigung von der Anzahl der Dienstjahre und dem "letzten Monatsentgelt" ab. Unter Letzterem ist der durchschnittliche Monatsverdienst zu verstehen, der sich aus sämtlichen zumindest einmal jährlich gebührenden Geld- und Naturalbezügen zusammensetzt. So sind etwa das 13. und 14. Gehalt genauso hineinzurechnen wie regelmäßige Überstundenentgelte, Gewinnbeteiligungen, Prämien oder Provisionen. Auch der Wert der Privatnutzung eines Dienstwagens ist zu berücksichtigen.

Da das Unternehmen bei der Berechnung der Abfertigung die im Jahr 2007 gezahlte Gewinnbeteiligung nicht berücksichtigte, klagte der Manager auf Zahlung der Abfertigungsdifferenz. Dabei berief er sich auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2006, wonach bei Jahresbonifikationen die in den letzten 12 Monaten vor dem Ausscheiden erfolgten Zahlungen in die Abfertigung einzubeziehen sind, auch wenn diese für frühere Zeiträume gebühren.

Berechnung der Abfertigung folgt Anspruchsprinzip

In der aktuellen Entscheidung distanzierte sich jedoch der Oberste Gerichtshof von dieser Rechtsansicht. Er stellte klar, dass auch für Gewinnbeteiligungen, Prämien und sonstige jährliche Zahlungen vom Anspruchsprinzip auszugehen ist.

Entscheidend ist somit, welche Leistungen dem Arbeitnehmer für die letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden rechtlich zustehen.

Der Zeitpunkt der Zahlung ist hingegen für die Berechnung der Abfertigung irrelevant. Da jedoch diese Incentives in der Regel nach Feststellung des Jahresabschlusses fällig sind, ist nach dem OGH auch der diesbezügliche Teil der Abfertigung erst zu diesem Zeitpunkt zu zahlen.

Eine unrichtig berechnete gesetzliche Abfertigung kann zu Nachforderungen des Arbeitnehmers und des Finanzamts führen. Die steuerliche Begünstigung knüpft nämlich grundsätzlich am gesetzlichen Abfertigungsanspruch an. Wird daher wegen der Einbeziehung von Gewinnanteilen oder Prämien der falschen Periode eine überhöhte Abfertigung gezahlt, so resultiert daraus unter Umständen eine Verkürzung der Lohnsteuer. Im besten Fall ist die Differenz als "freiwillige Abfertigung" steuerbegünstigt.

Bei der Berechnung der Abfertigung ist daher genau zu prüfen, in welcher Höhe Gewinnbeteiligungen, Prämien und ähnliche Ansprüche für die letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden tatsächlich zustehen. Sachkundige Beratung sollte vor allem bei einvernehmlichen Beendigungen eingeholt werden, um bestehende Gestaltungsspielräume zu nutzen und Risiken möglichst zu vermeiden.

Andreas Tinhofer ist Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte.

www.mosati.at