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Neue Regeln für entsandte Arbeiter rücken näher

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Vorschriften zu Aufsicht und Haftung könnten 2016 in Kraft treten.


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Brüssel. Faire Löhne, schärfere Kontrollen, länderübergreifende Zusammenarbeit der Behörden: Die Regeln, an die sich Unternehmen künftig halten müssen, wenn sie Arbeitnehmer in ein anderes Land entsenden, sorgten monatelang für heftige Debatten. Nun zeichnet sich ein Ende des Tauziehens zwischen EU-Parlament und Mitgliedstaaten um den Gesetzesentwurf ab. Einer informellen Einigung folgte nämlich nun eine richtungsweisende Abstimmung im zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses: Eine Mehrheit der Mandatare nahm den Kompromiss an. Ein Votum im Plenum ist für April angesetzt - werden die Vorschläge positiv bewertet, könnten sie ab 2016 in Kraft treten.

Es geht um die grenzüberschreitende Sicherung der Arbeitnehmer-Rechte: auf bezahlten Urlaub, sichere Arbeitsbedingungen, Ruhezeiten oder gleichen Lohn. Wenn eine Firma dabei Personen für bestimmte Dienstleistungen in einen ausländischen Betrieb schickt, sollten die Standards des Ziellandes gelten. Darauf pochten vor allem westeuropäische Staaten, in denen die Sorgen vor sozialem und Lohndumping besonders laut formuliert wurden: Billigere Arbeitskräfte aus dem Ausland würden die Gehälter ebenfalls für Einheimische nach unten drücken, war die Befürchtung. Daher plädierten einige für stärkere Kontrollmöglichkeiten.

Doch auch die EU-Kommission konstatierte, dass "Missbrauch, Ausbeutung und unfairer Wettbewerb" vorkommen. In erster Linie gelte das für die Baubranche, wo es die meisten entsandten Arbeiter gibt. Insgesamt sind in der EU auf diese Weise mehr als eine Million Menschen beschäftigt, unter anderem im Dienstleistungssektor, in der Landwirtschaft oder im Verkehr. Das wichtigste Zielland war nach letzten Angaben der Kommission Deutschland, wohin es mehr als 300.000 Entsendungen gab. In Frankreich war die Zahl der Aufnahmen halb so groß. Österreich war in der Aufstellung an fünfter Stelle zu finden, hinter Belgien und den Niederlanden.

Behörden sollen nun enger zusammenarbeiten

Deutschland und Frankreich gehören jedoch gleichzeitig zu den Ländern, die selbst die meisten Arbeitskräfte entsenden. Sie folgen gleich auf Polen, woher fast eine Viertelmillion der entsandten Beschäftigten stammt.

Es waren denn auch Berlin und Paris, die sich - ebenso wie Wien - gegen einen festgelegten Kontrollkatalog gewehrt und mehr Flexibilität beim Vorgehen gegen Schwarzarbeit oder schlechte Arbeitsbedingungen verlangt hatten. Sie argumentierten damit, dass die Betriebe neue Formen der Umgehung finden könnten, wenn die Liste der zulässigen Maßnahmen zur Aufsicht genau fixiert wäre. Der Kompromiss mit dem Parlament kommt den Ländern nun entgegen: Diese können ihre Kontrollinstrumente selbst wählen, die aber "angemessen" sein müssen. Unter bestimmten Umständen muss auch die EU-Kommission informiert werden.

Umstritten war ebenfalls die sogenannte Generalunternehmerhaftung. Dahinter liegt die Idee, dass bei Verstößen nicht ein Subunternehmer zur Verantwortung gezogen wird, sondern auch dessen Auftraggeber. Das wollte die Volksvertretung auf mehrere Branchen ausweiten, verpflichtend soll es nun aber lediglich im Bausektor sein. In diesem gilt in Österreich bereits so eine Haftung für den Fall nicht ausbezahlter Löhne. Auf der anderen Seite gibt es aber Haftungsbefreiungen, für deren Erhalt sich die Wirtschaftskammer (WKÖ) eingesetzt hatte: Betriebe, die sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten, Sozialversicherungsbeiträge und Löhne zahlen, können sich in eine Liste eintragen lassen.

Von der WKÖ begrüßt wird hingegen die länderübergreifende Zusammenarbeit der Behörden, die künftig gestärkt werden soll. Dass gleichzeitig auch die Arbeitnehmer besser über ihre Rechte informiert werden sollen, betonen wiederum die Grünen im EU-Parlament. Auch die Sozialdemokraten loben die Verbesserungen für die Beschäftigten.