Die Fusionswelle ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen und Experten vermuten, dass sie ihren Höhepunkt noch lange nicht erreicht hat. Der Trend zur Größe setzt sich fort. Die Zahl der weltweiten Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse betrug im Vorjahr 24.995, insgesamt wurden rund 2.381 Mill. Dollar locker gemacht. Die Arbeiterkammer, nach Eigendefinition nahezu die einzige Institution, welche die Einhaltung des Wettbewerbsrechts mit kritischen Augen überwacht, legte den Fusionenbericht 1999 vor. | 20 Prüfanträge wurden beim Kartellgericht eingereicht.
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Durch die zunehmende Verflechtung von Großkonzernen, bekommen einzelne Unternehmen eine enorme Marktmacht. Der Anfangs vor allem von den Managern gefeierte "Merger" zeigt bald seinen Pferdefuß.
"Erhöhte Preise, eingeschränkte Auswahl, der Verlust von Arbeitsplätzen und enormer Lohndruck sind die Folge des mangelnden Wettbewerbs." Maria Kubitschek, Leiterin der Abteilung für Wirtschaftspolitik der AK bedauert, dass in Österreich Wettbewerbspolitik zu wenig ernst genommen wird: "Von Wirtschaftsminister Bartenstein gibt es kein Signal eine Wettbewerbsbehörde zu installieren". Dabei haben die Übernahmen im Lebensmittelhandel die Marktanteile von Rewe/Billa und Spar - beide teilten sich den Konkurrenten Meinl - auf 63% gesteigert.
In Europa überflügeln nur die skandinavischen Länder Österreich beim Konzentrationsgrad. Und damit steigt der Druck auf die österreichische Lebensmittelindustrie weiter an, da die Lieferanten einseitig von den Einkäufern die Bedingungen diktiert bekommen, resümmiert Kubitschek. Der Lebensmittelproduzent Oetker musste 1999 seine Produktion einstellen. Aber auch der Möbelhandel weist ähnliche Charakteristika auf: Die beiden größten Unternehmen Kika-Leiner-Michelfeit (KLM) und Möbel Lutz dürfen sich eines Marktanteils von 55% erfreuen. Der Zusammenschluss zur KLM-Gruppe wurde vom Kartellgericht - auf Grund eines Prüfantrages der AK - nur mit Auflagen genehmigt. Rund 20% des übernommenen Umsatzes mussten abgegeben werden. "Lutz schluckt gerne mittelständische Unternehmen", erklärt der Fusionsexperte Helmut Gahleitner.
Stärkere Kontrollen
Um den Vormarsch der "Neuen Riesen" zu bremsen, beharrt die AK auf folgenden Forderungen: Das Anfang 2000 novellierte Kartellgesetz muss weiterentwickelt werden. Ähnlich wie im EU-Wettbewerbsrecht sollte etwa ein allgemeines Verbotsprinzip ins Kartellgesetz eingeführt werden. Ausnahmen sollten auf eine Minimum reduziert und unverbindliche Verbandsempfehlungen verboten werden. Ein spezieller Anwalt für Wettbewerb, sollte dieselben Rechte wie Staatsanwälte bekommen.
Doch auf EU-Ebene drohen Verschlechterungen im Kartellrecht. Die beabsichtigte Reform durch die Europäische Kommission bedeutet für die AK einen Systemwechsel bei der Beurteilung von Kartellen und wird daher als "wirtschaftspolitisch riskant" gesehen. "Die Abkehr vom Genehmigungsverfahren ist trotz des Einspruchs Deutschlands nicht aufzuhalten. Die Kartellbehörden erfahren nichts mehr, betroffene Dritte werden nicht informiert", kritisiert AK-Expertin Ulrike Hoschek. Statt des disziplinierenden Instruments soll nur noch ein Register geführt werden. Auch fehlen im System Sanktionen, werden "auch nicht diskutiert". Dabei, so Hoschek, habe gerade das US-Kartellrecht gezeigt wie wirksam die bloße Androhung von Strafen sein kann.