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Neue Sachlichkeit im Irak: Fortschritt kommt im geschäftsmäßigen Gewand

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Das einzige konkrete Ergebnis der Regionalkonferenz zum Irak ist die Absicht, drei Arbeitsgruppen zu bilden - wobei noch nicht einmal klar ist, wie diese zusammengesetzt sein sollen. Ansonsten waren die Interessen der Nachbarländer zu unterschiedlich, als dass eine Einigung zu erwarten gewesen wäre.


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Die Türkei verlangte ein Vorgehen gegen kurdische Kämpfer. Sie fürchtet ebenso wie Syrien und der Iran einen unabhängigen Kurdenstaat, der durch eine Teilung des Irak entstehen würde. Saudi-Arabien und andere Länder der Halbinsel unterstützen die sunnitischen Glaubensbrüder, und der Iran möchte die schiitische Vormachtsstellung im Irak konsolidieren.

Auch die Positionen der beiden Teilnehmer, die am meisten unter Beobachtung standen, blieben unverändert. Die USA warfen Teheran neuerlich Waffen- und Sprengstofflieferungen an schiitische Milizen im Nachbarland vor. Der iranische Delegationsleiter konterte, die USA wollten nur von ihrem eigenen Versagen ablenken und forderte einen Zeitplan für den Abzug der US-Truppen.

Aber auch der Iran fügt sich in die Reihe jener, die die Gewalt zwischen den Religionsgruppen im Irak stoppen wollen. Denn alle Nachbarn fürchten das Übergreifen der Konflikte auf ihre eigenen Länder. Schon einmal waren sich USA und Iran in der Abwehr einer gemeinsamen Bedrohung einig - und das ist noch gar nicht so lange her, auch wenn die diplomatischen Beziehungen seit 1979 ruhen. Ende der neunziger Jahre traf man sich nämlich, um über das Taliban-Regime in Afghanistan zu beraten. Nach dessen Sturz unterstützte Teheran die Regierung Karsai.

Eine solche Übereinstimmung der Interessen könnte sich auch jetzt beim Irak ergeben, deuten die jüngsten Ereignisse an - zumindest, so lange das umstrittene Atomprogramm Teherans ausgespart bleibt. Dieses war denn auch in Bagdad kein Thema. Bilaterale Gespräche haben nicht stattgefunden, auch wenn der scheidende US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, dies vor der Konferenz noch für möglich gehalten hatte.

Am Rande habe man mit den Iranern aber sogar gescherzt, meinte Khalilzad. Trotz diplomatischer Zurückhaltung nannte er das Treffen einen "guten ersten Schritt". Die Stimmung sei ruhig und "geschäftsmäßig" ("businesslike") gewesen, meinte Khalizad.

Schon das ist nach den Jahren der Gesprächsverweigerung mit den "Schurkenstaaten" eine wichtige Neuerung. Denn diesem ersten Schritt scheinen weitere zu folgen. Derzeit ist eine US-Beauftragte in Syrien, um über die Situation der Flüchtlinge zu reden. Auch bei den Arbeitsgruppen könnten sich amerikanische, iranische und syrische Diplomaten gegenübersitzen. Und zur Irak-Konferenz soll es eine Folgetagung geben. Zwar wird noch über den Ort des Treffens im April - vermutlich Istanbul - gestritten, immerhin sollen sich dabei aber die Außenminister begegnen.