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Neue Schlagtechnik gegen Stress

Von Petra Medek

Wirtschaft
Bösenkopf setzt auf Biofeedback, um körperliche Reaktionen aufzuzeigen. Foto: bösenkopf

Stresscenter in Wien Döbling hilft im Akutfall. | Burn-out kann jeden treffen. | Wien. Was haben Manager mit Studenten, Hausfrauen, Landwirten oder Gärtnern gemeinsam? Jeder von ihnen ist grundsätzlich Burnout-gefährdet. Dieses Phänomen, das durch extremen Stress und Belastungssituationen entsteht, trifft längst nicht nur Führungskräfte, die 60-Stundenwochen haben. Jeder fünfte Arbeitnehmer findet sich irgendwann in einer Burn-out-ähnlichen Situation, 27 Prozent stehen unter ungesundem Stress.


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Gefährdet seien grundsätzlich hoch leistungsmotivierte Workaholics, erzählt Brigitte Bösenkopf, Psychologin, Trainerin und Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für Präventivpsychologie, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Diese Gruppe neige dazu, über lange Strecken auf Hochtouren zu laufen und die eigenen Grenzen sowie Warnsignale des Körpers zu übersehen. Wann man tatsächlich ausbrennt, hänge von der individuellen Charakterstruktur und Lebensgeschichte ab. Manche hielten extreme Belastungen über Jahre aus, andere seien schon nach kurzer Zeit ausgebrannt. "Stress ist zu 70 Prozent hausgemacht". Neben dem eigenen Perfektionismus kämen jedoch oft auch Intrigenspiele am Arbeitsplatz dazu.

Selbstheilungskräfte aktivieren

Gleichzeitig werden Entspannungstechniken vermittelt, damit der Patient neue Strategien lernt, um besser mit Stress umzugehen. Die Experten zeigen eingefahrene Verhaltensmuster auf und versuchen, die Selbstheilungskräfte der Patienten zu wecken. Dafür steht eine ganze Palette von Fachärzten zur Verfügung, damit vom Blutbild bis zur Shiatsu-Massage alles rasch und unkompliziert angeboten werden kann, wie Schmerztherapeut Brezovsky erläutert. Bösenkopf wendet unter anderem Biofeedback an. Bei dieser Variante des autogenen Trainings werden Körperfunktionen wie die Herzfrequenz gemessen und - für den Patienten sichtbar - rückgemeldet.

Mitunter sei es für die Patienten gar nicht leicht, an den eigenen Strategien im Umgang mit Stress zu arbeiten. "Das ist wie die eintrainierte Schlagtechnik bei einem Sportler. Es ist schwierig, derart Eingeschliffenes zu korrigieren", sagt die Psychologin.

Die Kosten für eine Kurzbehandlung im Stresszentrum beziffert Bösenkopf mit rund 500 bis 1000 Euro. Etwa der Hälfte der Patienten sei "damit geholfen". Viele ihrer Patienten ließen sich jedoch auch nach der Akutbehandlung im Stresszentrum coachen, um zukünftige Herausforderungen besser zu meistern.

"Stress ist kein Thema Einzelner"

Den Jobwechsel sieht Bösenkopf, die auch als Betriebspsychologin arbeitet, nur als letzte Möglichkeit. Es könne auch reichen, eine Auszeit zu nehmen oder - wenn möglich - die Zahl der Arbeitsstunden zu reduzieren. "Mir ist es wichtig, Bewusstsein für das Problem zu schaffen und die Wirtschaft anzusprechen. Stress ist kein Thema Einzelner".

Aber jeder kann etwas dagegen tun: Auch zwischendurch in Ruhe ein Glas Wasser zu trinken baut Stress ab, wie die Expertin rät.

Weitere InformationenDossier Burnout

+++ stresscenter

Buchtipp: Koch, Kühn: Ausgepowert? Hilfen bei Burnout und Stress. Gabal Verlag, Offenbach 2000.