Ungewöhnlich hohe Beteiligung an Referendum. | Rom. Noch bevor die Wahllokale schlossen, gab der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi seine Niederlage bei dem Anti-Atom-Referendum in Italien zu.
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"Aufgrund eines Beschlusses des italienischen Volkes müssen wir uns von der Aussicht verabschieden, in Italien Atomkraftwerke zu bauen, und müssen uns ganz um erneuerbare Energien bemühen", sagte Berlusconi am Montagnachmittag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanyahu in Rom.
Laut Hochrechnungen des italienischen Innenministeriums haben sich mehr als 50 Prozent der Wahlberechtigten am Anti-Atom-Referendum in Italien am Sonntag und Montag beteiligt. Damit ist das Referendum gültig. Auch die drei anderen Abstimmungen, bei denen es um Wasserprivatisierung und um ein umstrittenes Immunitätsgesetz ging, sind laut Innenminister Roberto Maroni gültig.
Berlusconi und seine Mitte-Rechts-Koalition hatten alles unternommen, um die Volksabstimmung abzuwenden. Der Premier, der sich in den vergangenen Jahren für den Bau von vier Atommeilern in Italien eingesetzt hatte, hatte zu einem Boykott des Referendums aufgerufen.
Derzeit hat Italien keine Atomkraftwerke, nachdem sich die Bevölkerung 1987 - kurz nach der Katastrophe von Tschernobyl - per Referendum gegen die Kernenergie ausgesprochen hatte. 2008 hatte die Berlusconi-Regierung dann einen "Ausstieg vom Ausstieg" beschlossen, diesen unter dem Eindruck der Ereignisse von Fukushima im April dann aber auf Eis gelegt. Die Initiatoren des Referendums riefen die Wahlberechtigten dazu auf, für den vollständigen Verzicht auf Atomenergie zu stimmen.
Die Wahllokale sind noch bis 15.00 Uhr geöffnet. Seit 1995 ist in Italien die Mindestbeteiligung - etwa 25 Millionen Stimmen - für die Gültigkeit der Volksabstimmung nicht mehr erreicht worden. Auch in Südtirol war die Beteiligung an den Referenden in Italien hoch. Bis Sonntag 22.00 Uhr nahmen 42,5 Prozent der Wahlberechtigten die Möglichkeiten zur Stimmabgabe wahr.
Die Initiatoren des Referendums sind eine heterogene Front von Oppositionsparteien, Umweltschutzverbände und Bürgerbewegungen. Unter dem Druck des Atomunfalls im japanischen Fukushima ist die Zahl der Atomgegner in Italien stark gewachsen.
"Bunga Bunga im Jahr 1811"
Obwohl er wegen einer Sex-Affäre unter Druck steht, scheint Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi das Scherzen noch nicht vergangen zu sein. So konnte er sich während eines Treffens mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu am Montag in Rom eine Anspielung auf seine als "Bunga Bunga" bekanntgewordenen ausschweifenden Partys nicht verkneifen. Als die beiden Politiker sich vor einem Gemälde aus dem 19. Jahrhundert aufstellten, das den Leier spielenden griechischen Gott Apollo mit neun Musen zeigt, sagte Berlusconi: "Das ist Bunga Bunga im Jahr 1811." Mit einem Grinsen fügte der Italiener hinzu: "Selbstironie ist immer wichtig."
Gegen Berlusconi laufen derzeit mehrere Gerichtsverfahren, darunter der sogenannte Ruby-Prozess wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauchs. Im Zuge der Affäre um die marokkanische Tänzerin Ruby waren Details über orgienartige Partys in der Villa des 74-jährigen Regierungschefs in Arcore bekanntgeworden. Aus Ermittlungskreisen hieß es, dabei hätten nackte Frauen um Berlusconi herumgetanzt.