Sozialdemokraten im Richtungsstreit. | Wer sich vom Auftritt des neuen SPD-Führungsduos Steinmeier/Müntefering eine Befriedung der internen Flügelkämpfe erhofft hatte, wurde schon drei Tage später eines Schlechteren belehrt. Die Linken in der SPD sehen sich zwar in der Mehrheit, fürchten aber, von der neuen Doppelspitze überspielt zu werden.
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Niels Annen, stellvertretender Sprecher des "Forums Demokratische Linke 21" sandte bereits eine unmissverständliche Drohbotschaft an die Führung, man werde "sehr genau darauf achten, dass die Beschlüsse des Hamburger Parteitags fortgesetzt werden". Damit meinte Annen den Kurs des am Wochenende weggeputschten SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, der den Parteilinken im Herbst vorigen Jahres kleine Zugeständnisse machte - von Oskar Lafontaine als "Linksrückchen" bezeichnet. Nach der "Rückkehr der Schröderianer" warnte Annen: Ein "Zurück zur Basta-Politik" des Altkanzlers Gerhard Schröder dürfe es in der SPD nicht geben.
Der bayerische Gewerkschafts-Chef Fritz Schösser (SPD), einer der heftigsten Gegner Münteferings und der "Agenda 2010", prophezeite seiner Partei als Folge des Führungswechsels schwerste Wähler- und Mitgliederverluste. Der frühere bayerische ver.di-Landeschef Michael Wendl ist nach 36 Jahren aus der SPD ausgetreten und zur Linken gewechselt: "Die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich ist Resultat der Politik der SPD", begründete er seinen Schritt.
Der Appell der Parteilinken Andrea Nahles, die dem gleichen Forum wie Annen angehört, nach Einigkeit und Geschlossenheit ist rascher verhallt, als er ausgesprochen ward.
Indessen gehen die Spekulationen über den obskuren Ablauf der Kurt-Beck´schen Rücktrittsnacht weiter. Einen Putsch von Franz Münteferings Hintermännern oder des rechtsgerichteten Seeheimer Kreises wittern die Linken, andere haben den nach außen so harmlos wirkenden Frank-Walter Steinmeier im Verdacht. Die kryptischen Äußerungen Becks selbst nähren natürlich allerlei Verschwörungstheorien. Im Kern soll es darum gegangen sein, dass Beck die Entscheidung für einen Kanzlerkandidaten gern so lang wie möglich aufgeschoben hätte, um dann entweder selbst wie der Phönix aus der Asche zu steigen oder durch die Kür Steinmeiers als führungsstark und als Retter der SPD zu gelten.
Das wurde vermasselt, weil der Eindruck entstand, dass Beck der Getriebene sei und nicht der Regisseur. Als Steinmeier dann auch noch seinen Intimfeind Müntefering zum Parteivorsitzenden vorgeschlagen haben soll, war wohl das Fass übergelaufen.
So seltsam das klingen mag: Der großen Koalition werden die Turbulenzen des Junior-Partners nicht allzu sehr schaden. Denn die SPD kann sich im Moment nichts weniger leisten als vorgezogene Neuwahlen. So geschickt und clever Müntefering zweifellos ist, eine rasche Befriedung der Flügelkämpfe ist ihm in der Vergangenheit schon nicht geglückt und wird ihm auch jetzt nicht gelingen.
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