Die Gewerkschaften protestierten europaweit gegen die Sparpläne der EU-Regierungen. Bemerkenswert am Vorgang ist weniger das Faktum als die gemeinsame Aktion. Auch Gewerkschaften sind national organisiert, und die Verlagerung von Arbeitsplätzen in ein anderes Land ist für die einen ein herber Schlag, für die anderen ein Erfolg. Europaweite Solidarität wurde daher von den Gewerkschaften eher spärlich gelebt.
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Der Kampf gegen die Budgetkürzungen wird nun von den Arbeitnehmervertretern interpretiert als "Erhalt der Massen-Kaufkraft". Ein kluges Argument, zweifellos. Denn unter diesen Schirm können sich alle stellen, ohne jeweilige Eigeninteressen zu gefährden.
Die große Frage wird aber sein, wie es nun weitergeht. Europa hat sich bisher - auch die Gewerkschaften - vor einer gemeinsamen Sozialpolitik gedrückt. Zu groß seien die Unterschiede, zu unterschiedlich die Systeme.
Im Gegensatz zu den Industrieverbänden. Die Unternehmensvertreter waren in ihrer europäischen Überzeugung früher dran und tun sich auch leichter: Einem Unternehmen ist es egal, ob in Deutschland oder Ungarn produziert wird, wenn die Qualität der hergestellten Ware passt.
Mit der Demonstration in Brüssel und anderen europäischen Städten zeigen nun die Gewerkschaften, dass auch sie die Etablierung einer europäischen Sozialpartnerschaft erkannt haben. Die fehlende Mobilität in Europa hat nicht nur persönliche oder sprachliche Gründe. Es geht auch um versteckte und offene nationale Hürden im Bildungswesen, am Arbeitsmarkt und bei den Sozialversicherungen.
Hier würden sich für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen viele gemeinsame Themen ergeben, die nach einer gemeinsamen europäischen Lösung schreien. Die Regierungen bringen nichts zusammen. Die EU-Kommission beschädigt sich durch ihre Verzögerungstaktik in der Roma-Frage selbst und kann eigentlich abdanken.
Bleiben also die Sozialpartner und das EU-Parlament, um soziale Spannungen in Europa zu verhindern oder aufzulösen. So gesehen können die Demonstrationen vom Mittwoch nur ein erster, sehr kleiner Schritt gewesen sein.