Regelwerk soll schwarzen Schafen und unseriösen Mitbewerbern das Wasser abgraben.
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Wien. Versicherungsmakler haben schon länger mit Imageproblemen zu kämpfen. Zuletzt sorgte im Frühjahr 2016 eine riesige Klagewelle wegen falscher oder fehlender Beratung über das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungspolizzen für Schlagzeilen.
Mit 1. Jänner 2017 gelten für Österreichs Versicherungsmakler neue Standesregeln. Mit der Aufstellung des Regelwerks will der Fachverband der Versicherungsmakler in der Wirtschaftskammer (WKÖ) für "einen fairen Wettbewerb und gegenseitiges Vertrauen zwischen den Teilnehmern am Versicherungsmarkt" Sorge tragen.
Den neuen Standesregeln liegt laut Angaben des Fachverbands deshalb ein "sehr umfassender 360-Grad-Blick" zugrunde, der das Verhältnis der Makler zu allen anderen Marktteilnehmern berücksichtige. "Wir stehen in einem ständigen Wettbewerb mit anderen Vermittlergruppen und unser Unterscheidungsmerkmal nach außen ist der qualitative Anspruch an uns selbst", erklärt Fachverbands-Obmann Christoph Berghammer die Beweggründe hinter den neuen Standesregeln. "Neben dem Maklergesetz ist es daher notwendig, ein selbst auferlegtes Regulativ zu schaffen."
Bei den Standesregeln handle es sich nicht um eine Sammlung neuer Vorschriften, die dem Makler zusätzliche Verpflichtungen auferlegen würde. Es sei vielmehr "eine komprimierte Darstellung des Selbstverständnisses des Maklers und Verhaltensrichtschnur mit qualitativem Anspruch an uns selbst". Technisch gesehen handelt es sich bei den neuen Standesregeln um eine Satzung, womit dem Regelwerk ein besonderes rechtliches Gewicht zukommen soll.
Die Satzung sei direkt "unterhalb" des Maklergesetzes und der Gewerbeordnung angesiedelt. "Für unseren Berufsstand haben wir damit individuelle Regelungen definiert, die den Pflichten eines sorgfältigen, redlichen Unternehmers und den Pflichten des lauteren Wettbewerbs entsprechen", fasst Klaus Koban, Leiter des Arbeitskreises Recht im Fachverband zusammen.
Neue EU-Richtlinie
Bei der Formulierung des Regulativs hatte der Fachverband nicht zuletzt auch die neue EU-Versicherungsvertriebs-Richtlinie Insurance Distribution Directive (IDD) im Auge, bei der unter anderem, das Thema Compliance eine wichtige Rolle spielt. Die neue IDD-Richtlinie über den Versicherungsvertrieb ist seit Februar 2016 in Kraft. Sie ist von den Mitgliedstaaten bis 23. Februar 2018 umzusetzen und legt neue Berufsvorschriften für Versicherungsvermittler und Versicherungsvertreiber fest. "Es ist in diesem Zusammenhang vernünftig, sich selbst Regeln zu geben", meint Fachverbandsexperte Rudolf Mittendorfer. Das solle der Politik signalisieren, "dass der Berufsstand ohnehin aus eigener Initiative tätig wird, sodass diese - speziell vor dem Hintergrund der Richtlinien-Umsetzung - weniger Notwendigkeit für gesetzliche Regulierungen sieht".
Zudem will man mit den neuen Standesregeln den Streitigkeiten zwischen Mitbewerbern auf dem Versicherungsmarkt den Kampf ansagen. Der Fachverband bezeichnet derartige Konflikte unverblümt als "besonders berufsschädigend" und sah sich aus Gründen der Rechtssicherheit genötigt, ergänzende Regeln für das Verhalten der Mitbewerber untereinander aufzustellen. Demnach wird es künftig ausdrücklich als standeswidriges Verhalten bezeichnet, "wenn jemand mit unlauteren Mitteln in fremde Versicherungs- und Kundenbestände eindringt, Mitbewerber herabsetzt oder in der Versicherungsvermittlung regelmäßig mit Akteuren zusammenarbeitet, von denen er wissen muss, dass sie nicht gewerberechtlich dazu befugt sind".
Disziplinarkommission
In diesen und anderen Fällen spielt die vor wenigen Monaten eingerichtete fachverbandseigene Rechts- und Disziplinarkommission (RDK) unter dem Vorsitz der ehemaligen OGH-Vizepräsidentin Ilse Huber eine wesentliche Rolle. Die RDK soll die Qualität des Berufsstands gewährleisten, schwarzen Schafen das Wasser abgraben und Verstößen gegen die Gewerbeordnung oder unseriösen Mitbewerbern einen Riegel vorschieben. Die RDK wird künftig immer dann auf den Plan treten, wenn es zu Streitfällen und Meinungsverschiedenheiten kommt und weder eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien gefunden werden kann, noch ein Schlichtungsversuch zum Erfolg führt. Die neuen Standesregeln sehen überdies vor, dass der ordentliche Rechtsweg erst sechs Monate nach Anrufung der Rechts- und Disziplinarkommission möglich sein wird.
"Jedes Regulativ braucht bekanntlich Kontrolle und diese Rolle kommt der Disziplinarkommission künftig zu" erklärt Fachverbandsobmann Christoph Berghammer. "Ich bin überzeugt, dass es jedem Makler möglich sein wird, die neuen Standesregeln zu leben, und dass damit ein neues Selbstbewusstsein der Versicherungsmakler entstehen und der Gemeinschaftsgeist gestärkt werden wird."