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Neue strategische Freunde

Von Schönhuber

Politik

Seit dem Ukraine-Krieg sitzen Russland und der Iran im selben Boot. Kremlchef Putin besucht nun Teheran.


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In den vergangenen Monaten hatte Wladimir Putin an internationalen Treffen meist nur per Videoschaltung teilgenommen. Ins Ausland reiste der russische Präsident seit dem Überfall auf die Ukraine am 24. Februar dagegen nur einmal. Ende Juni besuchte der Kreml-Chef mit den verbündeten zentralasiatischen Ländern Tadschikistan und Turkmenistan zwei ehemalige Sowjetrepubliken.

Am Dienstag machte sich Putin allerdings zum ersten Mal seit langer Zeit in ein Land auf, das von Russland nicht als unmittelbarer Hinterhof betrachtet wird. In der iranischen Hauptstadt Teheran traf der Kreml-Chef mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und dann später auch mit dem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan zusammen.

Bei den Gesprächen der drei Staatschefs sollte es offiziell vor allem um die Lage im geschundenen Bürgerkriegsland Syrien gehen. Russland und der Iran unterstützen die syrische Regierung, die Türkei wiederum ist mit der Opposition verbündet. Erdogan hatte zuletzt angedroht, militärische Operationen auch jenseits der 30 Kilometer breiten Pufferzone zu unternehmen.

Kooperation bei Gas

Für Raisi und Putin war Syrien allerdings bei weitem nicht das wichtigste Thema des Treffens gewesen. Denn Russland und der Iran finden sich seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs vor fünf Monaten im selben Boot wieder. Beide Staaten sind international isoliert, die vom Westen verhängten Sanktionen beeinträchtigen nicht nur den Export von Öl und Gas, sondern auch die Einfuhr von High-Tech-Bauteilen und hochwertigen Konsumgütern.

Der Ukraine-Krieg hat zudem die globale Blockbildung noch einmal verschärft. So hat US-Präsident Joe Biden bei seiner Nahostreise in der vergangenen Wochen versucht, die zaghaft entstehende Anti-Iran-Allianz zwischen Saudi-Arabien und Israel weiter zu stärken. Die Regierung in Moskau war in den vergangenen Monaten wiederum demonstrativ darum bemüht gewesen, zu zeigen, dass Russland sehr wohl noch Freunde in der Welt hat.

Bereits vor Putins Abreise nach Teheran hatte sein außenpolitischer Berater Juri Uschakow betont, wie wichtig die guten Kontakte in den Iran seien. "Bei den meisten Themen sind unsere Positionen ähnlich oder identisch", erklärte er vor Reportern in Moskau.

In Teheran wurde die neue strategische Partnerschaft, die vor wenigen Jahren wohl noch am Widerstand der stets nach einem eigenen Weg suchenden iranischen Regierung gescheitert wäre, am Dienstag auch gleich mit einem großen energiepolitischen Kooperationsabkommen untermauert. Gazprom und die National Iranian Oil Company unterzeichneten nach Angaben des russischen Staatskonzerns eine Absichtserklärung über die künftige Zusammenarbeit. Demnach wollen die beiden Unternehmen etwa bei der Erschließung von Öl- und Gasfeldern im Iran, bei der Verflüssigung von Gas, beim Bau von Pipelines und im wissenschaftlich-technischen Bereich zusammenarbeiten.

Der Iran verfügt über eines der größten Gasfelder der Welt, kommt wegen der US-Sanktionen jedoch nicht an moderne Technik. Öl- und Gasexporte sind aber nach wie vor die Haupteinnahmenquelle des Irans. Mit dem Wiener Atomabkommen von 2015 und der Aufhebung von Sanktionen erreichte das Land eine Exportkapazität bis zu drei Millionen Barrel am Tag. Nach der einseitigen Aufkündigung des Atomdeals unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump und der Wiedereinführung scharfer Sanktionen brach die Wirtschaft aber langsam ein. Die Kapazität sank auf unter eine Million Barrel am Tag.

Mehr Handel mit der Türkei

Enger wirtschaftlich zusammenarbeiten will der Iran aber auch mit der Türkei. Ziel sei, das jährliche Handelsvolumen auf 30 Milliarden US-Dollar zu erhöhen, erklärte Raisi nach seiner Unterredung mit Erdogan. Der türkische Staatschef sagte, er hoffe besonders auf eine Kooperation in der Verteidigungsindustrie. Aktuell liege das Handelsvolumen bei 7,5 Milliarden Dollar.