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Neue türkische Offensive gegen PKK

Von Ines Scholz

Politik

Neuer Bürgerkrieg im Südosten der Türkei droht.


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Istanbul/Diyarbakir/Wien. Als sich Ankara und die kurdische PKK vor zweieinhalb Jahren zu einem Waffenstillstandsabkommen durchgerungen hatten, schien ein Ende des seit drei Jahrzehnten tobenden Konflikts greifbar. Inzwischen ist nicht nur die Hoffnung auf Frieden Makulatur, auch kriegsähnliche Zustände im Südosten der Türkei gehören wieder zum Alltagsbild. Allein in den vergangenen sechs Tagen seien "110 militante Kurden" - mutmaßliche Kämpfer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) - "vernichtet" worden, brüstete sich das Militär. Auch fünf Zivilisten und zwei Soldaten starben.

Präsident Recep Tayyip Erdogan geht gegen die als "Terrororganisation" gebrandmarkte Partei des zu lebenslanger Haft verurteilten Kurdenführers Abdullah Öcalan nicht gerade zimperlich vor: Bei der Suche nach PKK-Sympathisanten durchforsten die rund 10.000 Soldaten und Sonderpolizei-Einheiten, flankiert von Panzern und schwerem Kriegsgerät, seit Tagen die Kurden-Metropole Diyabakir sowie die Städte Cizre und Silopi in der Provinz Sirnak im Grenzgebiet zu Syrien und zum Irak.

Augenzeugen berichteten von starken Explosionen im historischen Viertel Sur in Dyarbakir. In den betroffenen Gebieten gilt die Ausgangssperre. Bewohner versuchen, die kurzen Feuerpausen zu nutzen, um aus den umkämpften Gebieten zu fliehen, erzählen Betroffene, die es geschafft haben. In Cisre machte die Armee 300 Häuser dem Erdboden gleich, in Silopi brach teilweise die Wasser- und Stromversorgung zusammen, nachdem mehrere Granaten in Hochspannungsleitungen eingeschlagen waren.

Kritik am Vorgehen der türkischen Regierung ist unerwünscht. Mehrere hundert Kurden und Linksaktivisten, die in Istanbul gegen den Militär-Großeinsatz demonstriert hatten, wurden von den Sicherheitskräften mit Tränengas und Wasserwerfern auseinandergetrieben. Auch in der mit einer Million Einwohnern größten Kurdenstadt Dyarbakir wurden Protestkundgebungen sofort per Gewalt aufgelöst.

Auch mit einem raschen Ende des Bürgerkriegsszenarios ist kaum zu rechnen. "Unser Militäreinsatz geht so lange weiter, bis die betroffenen Städte gesäubert sind",machte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu in Ankara klar.

Eskaliert war der neu aufgeflammte Konflikt, der seit den 1980er Jahren bereits mehr als 40.000 Tote forderte, bereits im Sommer. Damals hatte die Regierung in Ankara nicht nur ihre Militäraktionen gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak ausgedehnt - sondern auch Lager der PKK im Nordirak ins Visier genommen. Die PKK erklärte daraufhin Ende Juli das im März 2013 geschlossene Waffenstillstandsabkommen für obsolet. Denn Bestandteil der Vereinbarung war, dass sich die rund 2000 PKK-Kämpfer aus der Türkei in den Nordirak zurückziehen. Auf das Bombardement reagierte die Kurdenpartei, die seit den 1980er Jahren für Autonomie im Südosten der Türkei kämpft, ihrerseits mit Anschlägen auf Armeeposten und der Errichtung von Barrikaden in den Städten. Die Armee hatte zuvor damit begonnen, Anhänger der moderaten HDP-Partei willkürlich zu verhaften. Anhänger der Regierungspartei AKP zündeten Parteibüros der Kurdne an.

Erdogans Kriegserklärung wurde damals als Teil seiner Strategie schöngeredet, das Land zu destabilisieren, um der Regierungspartei AKP bei der Wahl im Herbst eine Verfassungsmehrheit zu sichern. Die hat sie inzwischen - nun geht es offenbar darum, die Kurden-Frage endgültig militärisch statt politisch zu lösen.