Der Bonus für Mindestpensionen führt dazu, dass Pensionisten mit Leistungen bis 2100 Euro brutto schlechter aussteigen.
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Wien. Des einen Freud, des anderen Leid. Das trifft auch auf die ab 2020 neue Mindestpension von 1200 Euro netto im Monat für Alleinstehende mit 40 Beitragsjahren und 1500 Euro für Paare zu. ÖVP und FPÖ wollen mit dieser Sozialleistung in Form eines Pensionsbonus Menschen mit niedriger Eigenpension trotz langer Arbeitsjahre unter die Arme greifen. Außerdem wird eine langjährige FPÖ-Forderung umgesetzt. Der Haken dabei ist: Personen mit höherer Eigenpension bis 2100 Euro brutto steigen wegen Steuer und Krankenversicherung in Relation schlechter aus und erhalten weniger Geld überwiesen.
Neos verweisen auf Warnung des Sozialministeriums
Das bedeutet für jene, die mit ihrer beruflichen Tätigkeit eine höhere Pension erarbeitet haben, eine Ungerechtigkeit. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker verweist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" darauf, dass vor dem Beschluss eine Warnung des Sozialministeriums unterlegt mit Fallbeispielen für "Brutto-Netto-Verwerfungen" (siehe Grafik) an die Parlamentsklubs ergangen ist.
Demnach steigen selbst Pensionisten mit einer recht ansehnlichen Eigenpension im Nettovergleich mit der neuen Mindestpension schlechter aus. Bezieht jemand nach 41 Arbeitsjahren im kommenden Jahr 2050 Euro brutto Pension (Fallbeispiel 5), bleiben davon netto 1625 Euro. Dem steht ein ehemaliger Teilzeitbeschäftigter gegenüber, der mit 62 vorzeitig in Pension gegangen ist (Fallbeispiel 1). Weil der verheiratete Mann wegen seiner niedrigen Pension nicht steuerpflichtig ist und er eine Ausgleichszulage für Ehepaare erhält, kommt er derzeit auf 1328 Euro netto. Mit dem neuen Pensionsbonus werden es im kommenden Jahr 1682 Euro netto im Monat sein. Er "überholt" Pensionisten mit 2050 Euro brutto.
Erst ab einer Bruttopension von 2100 Euro im Monat erhält künftig jemand netto annähernd so viel wie ein Bezieher einer niedrigen Eigenpension, der Anspruch auf die neue Mindestpension hat. Dazu kommt, dass mit dem Anspruch auf eine Mindestpension andere Vergünstigungen - etwa die Befreiung von Rezeptgebühren - verbunden sind.
Eine Pension von mehr als 2000 Euro brutto ist nicht so wenig. Die Medianpension liegt in Österreich bei rund 1200 Euro. Von ÖVP und FPÖ wird die Maßnahme damit gerechtfertigt, dass Menschen 40 Jahre berufstätig sein müssen, um die neue Mindestpension von 1200 beziehungsweise 1500 Euro zu erhalten. SPÖ und ÖVP haben schon 2017 die Mindestpension von tausend Euro für Menschen mit 30 Arbeitsjahren eingeführt.
Allerdings widerspricht die Neuerung den Bestrebungen des seit 2005 von der schwarz-blauen Regierung Schüssel eingeführten Pensionskontos, das auf die eingezahlten Beiträge und Berufsjahre bezogen ist. Mit der Mindestpension erfolgt eine Abkoppelung von geleisteten Pensionsbeträgen.
Für Loacker gibt es zwei Hauptkritikpunkte an der "Verzerrung" im Pensionssystem. Im Vergleich zahle sich Arbeiten und das Einzahlen von Beiträgen nicht mehr aus, meint er unter Verweis darauf, dass es netto kaum Unterschiede bei der Pensionshöhe gebe. Zugleich gebe es einen "negativen Anreiz" durch die neue Mindestpension nach 40 Jahren. "Es wird den Leuten signalisiert, sie müssen aufhören", sagt er.
SPÖ-Gewerkschafter fordern Entschärfung bei Frühpension
Bestrebungen im ÖGB gehen in eine andere Richtung. Die Fraktion der SPÖ-Gewerkschafter mit Chef Rainer Wimmer, SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch und ÖGB-Frauenchefin Korinna Schumann forderte am Dienstag eine Entschärfung der Korridorpension. Das ist eine Frühpension, die ab dem 62. Lebensjahr angetreten werden kann. Künftig solle es da keine Abschläge mehr geben. Ex-Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hat in der "Wiener Zeitung" bereits ein Kippen der Schüssel-Pensionsreform verlangt.