Die neuen elektronischen Zahlungsmittel sind im Begriff, den Zahlungsverkehr grundlegend zu wandeln. Da sie auch zum Zweck der Geldwäscherei genutzt werden können, sind sie eine "neue virtuelle | Bedrohung"¹, welche die FATF² vor die Aufgabe stellt, elektronische Zahlungssysteme auch außerhalb des Bankensystems zu erfassen und zu verhindern, daß das Internet und andere bargeldlos | funktionierende Mechanismen zu Kanälen werden, durch die illegale Gelder geschleust werden.
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"Elektronisches Geld" besteht nach der Definition der FATF in Finanzprodukten in Form von Karten oder von Software, die mit einem bestimmten Geldbetrag geladen und bei verschiedensten
Zahlungsvorgängen eingesetzt werden können. Die Akzeptanz des elektronischen Geldes ist nicht an die Transaktionsgenehmigung einer Institution gebunden, die vorher eingeholt werden müßte.
Die Banken stehen dieser Entwicklung positiv gegenüber, da das Homebanking über den eigenen PC und Internet oder Telebanking über Telefon und unter Einschaltung von Call-Centers, weiters die
Automatenbedienung durch den Kunden in den Selbstbedienungsfoyers, die rund um die Uhr geöffnet sind, die Transaktionskosten auf weniger als 10% der Kosten einer persönlichen Transaktion am Schalter
zu senken hilft. Die Entwicklung verläuft in die Richtung eines Abgehens vom klassischen Schaltergeschäft und hin zur automatisierten Erbringung von Bankdienstleistungen, sodaß die Kontakte zwischen
dem Kunden und seinem Betreuer in der Bank zunehmend loser werden. Damit wird die Bedeutung jenes Ansatzes zur Bekämpfung der Geldwäsche, der davon ausging, einen (potentiellen) Geldwäscher bei der
Anknüpfung einer Geschäftsbeziehung oder der Durchführung einer Transaktion erkennen zu können, tendenziell abnehmen.
Die Ausgabe von Geldkarten (auch elektronische Geldbörse, "electronic purse" oder "prepaid cards" genannt) ermöglicht auf diesen mittels eines Chips Geldbeträge aufzuladen, wobei die Aufladung auch
über das Internet erfolgen kann und Zahlungen auch über das Internet abgewickelt werden können. Dadurch sind die Geldkarten ein tauglicher Ersatz für Bargeldtransfers geworden. Der Einsatz der Karten
für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen hinterläßt beim Erbringer der Leistung oder Lieferung keine personbezogene Spur, sodaß die Bezahlung anonym erfolgen kann. Wenn Geldkarten nicht auf
geringe Beträge limitiert sind, sondern auch Transaktionen mit größeren Beträgen ermöglichen, sind sie, weil keinen paper-trail hinterlassen, auch ein für Geldwäscher interessantes Instrument.
Um diesen Anreiz für Geldwäscher zu konterkarieren, sollten vom Standpunkt der Bekämpfung der Geldwäscherei Geldkarten an ein bestimmtes Konto gebunden sein, da dadurch die Papierspur nachverfolgbar
wäre. Eine weitere Schiene, die Banken ihren Kunden zur Verfügung stellen, ist nunmehr die "Auffahrt auf die Datenautobahn" über Provider. Das heißt, daß in Rechnernetzen vorausbezahlte elektronische
Zahlungseinheiten verwaltet werden können, deren nationale und internationale Transfers erfolgen. Da derartige Transaktionen zum Schutz von Malversationen, Fälschungen usw. zu verschlüsseln sind
(d. h. kryptografisch zu schützen sind) und überdies vom Rechner des Zahlenden zum Rechner des Zahlungsempfängers ohne Einschaltung einer Clearingstelle durchgeführt werden, ist eine
Nachvollziehbarkeit im Interesse der Bekämpfung der Geldwäscherei kaum möglich. Fließt daher künftig Geld unter der Verwendung der Cybertechnologie verschlüsselt zwischen Partnern ohne Einschaltung
eines einem Regluativ unterliegenden Institutes, so wird nicht nur der paper-trail unterbrochen, sondern auch bei entsprechenden Geldmengen die Kontrolle der Notenbanken über deren Fluß
beeinträchtigt. Eine Beschränkung der Anonymisierung von Transaktionen und eine Reduktion der Kryptografie im Finanzbereich auf ein im Geschäftsleben unabdingbares Ausmaß ist daher im Interesse der
Transparenz und der Überprüfbarkeit der Geldflüsse unabdingbar. Sowohl die Banken, die zur Schaffung wirksamer Kontroll- und Mitteilungsverfahren verpflichtet sind, als auch die Gesetzgeber werden
daher aufgerufen sein, die Nutzung vom Verschlüsselungstechniken auf ein für Finanzermittlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei vertretbares Ausmaß zu beschränken.
Ende
Josef Siska ist langjähriger Leiter der Referate zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Kapitalverbrechen, Vorstand-Stellvertreter des Wiener Sicherheitsbüros, nunmehr
Stadthaupthauptmann, Sicherheitsberater großer Unternehmen des Finanzsektors, des Handels und der Energieversorgung und Autor des unlängst im Linde Verlag Wien erschienenen Werkes "Die Geldwäscherei
und ihre Bekämpfung in Österreich, Deutschland und der Schweiz.
¹ Stanley E. Morris, Schatzamtsdirektor der USA am 19. 6. 1997
² Financial Action Task Force on Money Laundering