Die Autobranche befindet sich im Umbruch. Das hat Folgen für heimische Zulieferer, nicht nur negative.
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Wien. Klimaziele, Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten, Bußgelder - die Automobilbranche gerät weiter unter Druck. Vergangene Woche haben sich die EU-Umweltminister auf verpflichtende, niedrigere Abgaswerte bei Neuwagen geeinigt. Genauer: Bis 2030 müssen alle neu zugelassenen Fahrzeuge um durchschnittlich 35 Prozent weniger CO2 ausstoßen als im Jahr 2020.
Hinzu kommen streckenweise Diesel-Fahrverbote, wie etwa in der deutschen Hauptstadt Berlin, weitere Städte wollen nachziehen. Audi muss im Zuge des Diesel-Skandals 800 Millionen Euro an Bußgeld zahlen, der Mutterkonzern Volkswagen wurde zu einer Zahlung von einer Milliarde Euro verdonnert.
Zudem verzeichnete der europäische Automarkt im September wegen der neuen Abgasregeln einen starken Einbruch. Nämlich um 23,5 Prozent bei den Neuzulassungen, wie der Branchenverband Acea am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Mit 41,8 Prozent war der Einbruch in Österreich sogar am stärksten.
Zulieferer rüsten auf
Obwohl die deutsche Autoindustrie die Hauptrolle im Konflikt um Abgaswerte und neue Klimaziele spielt, kommt der österreichischen Zulieferindustrie eine nicht unbedeutende Nebenrolle zu. Denn der Umbruch in der Branche hat Folgen für mehrere hundert Zulieferbetriebe in Österreich, nicht immer negative.
Rund 650 heimische Betriebe beliefern vor allem die deutschen Autohersteller mit Karosserien, Motoren, Lichtsystemen. Laut dem Industriewirtschaftlichen Institut (IWI) arbeiten 75.000 Menschen direkt in der Autozulieferindustrie, 200.000 Jobs hängen indirekt daran. Die gesamte Branche hat eine jährliche Wirtschaftsleistung von 22 Milliarden Euro.
"Ich glaube nicht, dass wir alle Betriebe halten werden. Aber sehr viele rüsten um, einige neue kommen dazu", sagt Herwig Schneider vom IWI zur "Wiener Zeitung". Außerdem seien zwei Drittel der Zulieferbetriebe sogenannte Hybridbetriebe, die nicht nur für die Autoindustrie, sondern auch für ganz andere Branchen produzieren.
Das Thema ist nicht ganz neu. Viele Unternehmen rüsten sich seit Jahren für die Umbrüche in der Autoindustrie. Der heimische Autohersteller Magna Steyr, der unter anderem Jaguar und BMW beliefert, investiert seit geraumer Zeit in E-Mobilität. "In unserem Werk in Graz fertigen wir Fahrzeuge, unabhängig von ihrer Antriebsart. So produzieren wir aktuell bereits Fahrzeuge mit konventionellem, Hybrid- wie auch rein elektrischem Antrieb, teilweise sogar auf derselben Fertigungslinie", sagt eine Sprecherin auf Nachfrage. Die Auswirkungen der neuen Klimaziele will man im Unternehmen aber nicht kommentieren.
Wachstum bei E-Mobilität
Eine Studie der Austrian Mobile Power im Auftrag des Klima- und Energiefonds sieht deutliches Wachstumspotenzial für die E-Mobilität hierzulande. So sollen in der heimischen Autobranche bis zum Jahr 2030 im Zuge des Ausbaus der E-Mobilität 33.900 Jobs entstehen. 3,1 Milliarden Euro an zusätzlicher Wertschöpfung sollen dabei generiert werden.
Trotz der Euphorie sind Elektro- und Hybridfahrzeuge in Österreich noch eine Randerscheinung. Laut Statistik Austria entfielen im Vorjahr 1,5 Prozent der Pkw-Neuzulassungen auf E-Autos. In Zahlen waren das 5433 gegenüber 3826 im Jahr davor. "Ich würde den Verbrennungsmotor noch nicht totschreiben. Hier gibt es mit Sicherheit noch Potenzial, auch was die Abgasreduktion anbelangt", sagt Schneider.
Ganz so sauber sind die nahezu emissionsfreien Elektromotoren übrigens nicht. Für die Herstellung der Batterien werden sogenannte seltene Erden, Kobalt und Lithium, benötigt. Deren Gewinnung im Kongo und in Chile hinterlässt Umweltschäden und erzeugt Wasserknappheit. In den teils illegalen Minen im Kongo arbeiten Kinder, oft nicht älter als acht Jahre, um weniger als fünf Dollar am Tag. Diese Probleme muss die Elektroindustrie noch lösen, um als ganz sauber durchzugehen.