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Neue Zentrifugen, neue Provokation

Von Arian Faal

Politik

Iran beginnt mit Installierung von 6000 modernen Zentrifugen. | Ziel ist effizientere Uran-Anreicherung. | Teheran/Wien. Knapp einen Monat nach den gewonnenen Parlamentswahlen setzt die Regierung in Teheran den "No-fear"-Kurs in Sachen Atompolitik fort: Schon vor einigen Tagen verkündete die rechte Hand von Präsident Mahmoud Ahmadinejad, Regierungssprecher Gholam-Hossein Elham, dass der Iran bald große Erfolge melden werde. Am Dienstag, dem "nationalen Tag der Atomtechnik", war es dann so weit: Ahmadinejad teilte anlässlich des Nationalen Tags der Atomtechnik sichtlich stolz mit, dass in der Atomanlage Natanz mit der Montage von 6000 Zentrifugen der neuen Generation, sogenannte P2-Zentrifugen, in Betrieb genommen worden sei (siehe Kasten). Dass Teheran unentwegt an der atomaren Technologieschraube dreht, hatten zuvor bereits westliche Diplomaten wissen lassen.


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Teheran setzt damit ein weiteres Zeichen in Richtung Unnachgiebigkeit. "Der Golfstaat, der wegen seines Atomprogramms schon seit Jahren unter starkem politischen und wirtschaftlichen Druck des Westens steht, wird damit die Ängste mancher westlichen Staaten, dass Teheran heimlich an Atomwaffen baut, nicht entkräften", so ein westlicher Diplomat in einer ersten Reaktion zur "Wiener Zeitung".

Dass der Weltsicherheitsrat bereits vier Resolutionen (davon drei mit Sanktionen) gegen den Iran beschlossen hat, stört die Machthaber in Teheran wenig. Dementsprechend selbstbewusst wies man in Teheran mit erhobenem Zeigefinger nachdrücklich darauf hin, dass man als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags das Recht auf Urananreicherung zu friedlichen Zwecken habe.

Ein persisches Prestigeobjekt

Ahmadinejad nützt den Atomstreit auch, um innenpolitisches Kapital zu schlagen. Die Verwahrung gegen fremde Einmischung soll den Nationalstolz mobilisieren. Das gelingt gut, denn die Atomkraft ist wie das Erdöl längst schon ein Prestigeobjekt im Iran. Die Unzufriedenheit über die schlechte wirtschaftliche Situation überspielt Ahmadinejad durch populistische Geldgeschenke an Bedürftige. Die Mittel dazu bezieht er aus den üppigen Einnahmen der Erdölindustrie.

Das Warten auf den zwölften Imam

Aber auch sonst hat der Staatschef große Pläne. Er glaubt fest daran, dass die Rückkehr des zwölften Imams Mehdi unmittelbar bevorstehe, jenes mythischen "verborgenen Imam", mit dessen Ankunft eine weltweite ideale Ordnung unter dem Islam anbrechen werde. "Unsere größte Verantwortung ist es, günstige Umstände für die Ankunft des verborgenen Imam zu schaffen", sagte er kürzlich. Am Wahltag erklärte er, es seien "Milliarden Augen" auf den Iran gerichtet, die Welt habe das Land zu ihrem "Vorbild und Retter" erkoren.

Aufgrund dieser religiös inspirierten Ideen hält Ahmadinejad sich und sein Land für unangreifbar, weswegen ihn auch die jüngst verschärften internationalen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats nicht irritieren werden. Im Gegenteil. Das löst bei den Pragmatikern und Reformern im Iran Beunruhigung aus. Doch Ahmadinejad hat seine Machtbasis kräftig ausgebaut und hält das Zepter fest in der Hand. Nicht zuletzt stützt er sich auf die bewaffneten Revolutionsgarden und das Militär, dem er freie Hand zur Aufrüstung unter anderem mit Mittel- und Langstreckenraketen gibt. Noch nie seit dem Beginn der islamischen Revolution 1979 hatte das Militär so viel Einfluss im politischen Alltag Irans. Das wird sich auch bei den Frühlingsparaden der Militärs wieder deutlich zeigen.

+++ P2-Uranzentrifugen: (af) Teheran ist gerade dabei, moderne Uran-Zentrifugen vom Typ P2 zu testen. Uran-Zentrifugen sind Rohre, die mit Urangas gefüllt werden und sich schnell drehen. Durch diese Rotation werden schwere Uran-238-Atome von leichten, als AKW-Brennstoff und Atombombensprengstoff geeigneten leichten Uran-235-Atomen getrennt.

P2-Zentrifugen sind aus Speziallegierungen, sogenannte "Maraging-Stählen", die besonders fest und dennoch geschmeidig sind. Das bedeutet, dass daraus gebaute Zentrifugen sich schneller und stabiler als die bisherigen P1-Zentrifugen aus Aluminium drehen und dadurch doppelt bis dreimal so schnell Uran anreichern können.

Die Pläne für die neuen Zentrifugen erhielt der Iran nach Einschätzung westlicher Atomexperten, ebenso wie die alten des Typs P1, vom Schmuggelnetz des an Krebs erkrankten pakistanischen Atomphysikers Abdul Qadeer Khan.