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Neuer Anlauf für billiges Wohnen

Von Katharina Schmidt

Politik

Initiative: Ruf nach Zweckbindung der Wohnbaugelder "gut aufgenommen".


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Wien. Die Zeit der Regierungsverhandlungen ist auch die Zeit der Wunschlisten ans Christkind. Fast täglich werden die Verhandlerteams in diesen Wochen mit Forderungskatalogen bombardiert. Am Montag war es die "Nachhaltigkeitsinitiative Umwelt und Bauen", die unter dem Vorsitz von Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz und SPÖ-Nationalratsabgeordneter, ein 59 Seiten starkes Papier zu den Bereichen Wohnen, Infrastruktur und Umwelt präsentierte. In diesem Fall könnte aber ein Teil der Gebete erhört werden, sitzt doch Muchitsch selbst in der Untergruppe "Leistbares Wohnen" der Koalitionsverhandler.

Hauptanliegen der von Arbeiter- und Wirtschaftskammer über Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo und Gewerkschaftsbund ÖGB bis hin zu Global 2000 breit aufgestellten Initiative ist die Rückkehr zu einer Zweckbindung der Wohnbaufördergelder. Seit 2008 verwalten die Länder die Wohnbaugelder, die Zweckbindung wurde aufgehoben. Mit dem Effekt, dass die Gelder für den Schuldendienst, den Bau von Fußballstadien oder Bahnhöfen eingesetzt wurden. "Es ist eine Spielwiese der Länder - nun müssen wir ihnen diese Spielwiese wieder wegnehmen", sagte Muchitsch. Er hofft, dass die Wohnbauförderung bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich kommendes Jahr ganz oben auf der Agenda steht.

Konjunkturpaket ausbauen

Einen Anreiz, die Länder zu mehr Investitionen in den sozialen Wohnbau zu bewegen, wollte die Koalition schon mit dem - gerade rechtzeitig vor der Wahl beschlossenen - Konjunkturpaket bieten. Ziel ist es, in zwei Jahren 11.000 neue Wohnungen zu schaffen. Zu diesem Zweck erhalten die Länder einmalig 276 Millionen Euro vom Bund, wenn sie 2013/14 mehr bauen als im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2011.

Die Initiative will dieses Paket weiter aufstocken. Eine Milliarde Euro zusätzlich soll in leistbare Wohnungen und Jobs fließen. Finanzieren will man das in Zeiten der Budgetlöcher über andere Quellen: Zum Beispiel könnten 500 Millionen Euro von der Europäischen Investitionsbank kommen, 300 Millionen Euro könnte es bringen, wenn die Pensionsvorsorgekassen in den Wohnbau veranlagen dürften. Auch diese Idee ist nicht neu, ihre Umsetzung sei aber an den übertriebenen Forderungen der Vorsorgekassen gescheitert, sagt die wissenschaftliche Leiterin der Initiative, Margarete Czerny von der Donau Universität Krems. Die Kassen könnten rund zehn Prozent des ihnen zur Verfügung stehenden Geldes sicher anlegen und hätten durch die Mieteinnahmen einen garantierten Rückfluss. Eine wichtige Maßnahme sieht sie in der Wohnraumverdichtung. Damit sei nicht gemeint, Parks oder Parkplätze zu verbauen, sondern in erster Linie Dachgeschossausbauten auch für die unteren Einkommenschichten zu forcieren. Dies sei auf bis zu 80 Prozent der Flächen möglich. Schließlich spricht sich Czerny auch für eine verstärkte Sanierung des Altbestands aus.

Den Grund für die explodierenden Wohnungspreise sehen sowohl Czerny als auch Josef Schmidinger, Generaldirektor der S Bausparkasse, darin, dass jahrelang kaum in den sozialen Wohnbau investiert wurde - bei gleichzeitigem Zuzug vor allem in die Ballungsräume. "Das österreichische Wohnbaumodell hat sich bewährt, aber leider nimmt es niemand mehr ernst", sagte Schmidinger.

Kosten im Vergleich niedrig

Auch Wifo-Wohnungsmarkt-Expertin Andrea Kunnert hält es für sehr sinnvoll, dass sich die künftige Regierung mit der Problematik steigender Wohnungspreise auseinandersetzen will. Bei gesetzlichen Änderungen rät sie aber zur Vorsicht: Diese dürften weder Mieter noch Vermieter einseitig bevorzugen. Und sie relativiert das Bild der explodierenden Mietpreise: "Absolut und im internationalen Vergleich hat Österreich immer noch eine niedrige Wohnkostenbelastung, diese ist aber in den vergangenen Jahren sehr dynamisch gestiegen." Vor allem für neue Mieter, denn während Altverträge nur nach dem Verbraucherpreisindex angepasst werden, sind die neuen - speziell im privaten Sektor - vergleichsweise höher angestiegen (siehe Grafik). Dies könnte allerdings nur mit einer Harmonisierung des Mietrechtsgesetzes eingedämmt werden - etwa, indem Zu- und Abschläge transparenter dargestellt werden. Auch das steht auf dem Wunschzettel ans Christkind.