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Neuer Anlauf für Höchstarbeitszeit

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Ausnahmen und Mehrfachverträge umstritten. | Kompromissvorschlag der Österreicher unter Beschuss. | Brüssel. Nach der Einigung auf die Dienstleistungsrichtlinie nimmt der österreichische Sozialminister und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Martin Bartenstein beim Treffen mit seinen EU-Kollegen heute, Donnerstag, das nächste Riesenprojekt in Angriff. Mit der so genannten Arbeitszeitrichtlinie sollen EU-weit einheitliche Höchstarbeitszeiten geschaffen werden. Die Chancen für eine Einigung werden von Diplomaten allerdings als "sehr unwahrscheinlich" eingestuft.


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Konsens herrscht zwar bereits, dass grundsätzlich im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden soll. Auch die Teilung des Bereitschaftsdienstes - etwa im Gesundheitsbereich - in eine aktive und eine inaktive Zeit ist bereits geklärt. In zwei Bereichen gibt es aber seit Jahren scheinbar unüberwindliche Gegensätze zwischen den Mitgliedsstaaten. Während einige Länder unter der Führung Großbritanniens auf der verbrieften Möglichkeit von Ausnahmen (Opt-out) von der Höchstarbeitszeit beharren, ist eine etwa gleich große Gruppe von EU-Staaten um Frankreich strikt dagegen. Darüber hinaus ist heiß umstritten, ob die Höchstarbeitszeit je Arbeitnehmer oder je Arbeitsvertrag gelten soll.

Dreifache Arbeitszeit?

Die meisten EU-Länder im Osten und Dänemark bestehen auf dem Recht der Arbeitnehmer, mehrere Jobs zu haben, wie es die Dänen nennen. Das wollen die Österreicher laut Kompromissvorschlag auch jenen Mitgliedsstaaten erlauben, in denen die "innerstaatliche Gesetzgebung" es zulässt. Zahlreiche Länder im Westen wie Frankreich und Deutschland lehnen das kategorisch ab. "Das kommt nicht in Frage", sagte ein hochrangiger Diplomat. "Das widerspricht völlig dem Schutzcharakter der Richtlinie." Mit bis zu drei Arbeitsverträgen könnte ein Arbeitnehmer die Höchstarbeitszeit theoretisch verdreifachen. Widerstand gab es auch geben Österreichs Pläne, den EU-Staaten das Opt-out unter bestimmten Umständen unbegrenzt weiter zuzugestehen. Demnach müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer prüfen, ob nicht die Aufteilung der wöchentlichen Höchstarbeitszeiten über zwölf Monate ausreiche, um vorübergehende Spitzenzeiten auszugleichen. Darüber hinaus müsse die Nutzung der Ausnahme begründet und in einem Bericht an die EU-Kommission belegt werden, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers durch das Opt-out nicht gefährdet ist.

Die Niederlande urgierten eine wöchentliche Höchstarbeitszeit trotz Opt-out. Beim letzten gescheiterten Anlauf waren im Dezember bis zu 65 Stunden im Gespräch. Großbritannien, Irland, Polen und die Slowakei hätten laut Diplomaten Österreichs Zugang eher begrüßt. Für sein Land sei das Opt-out als Rückfallsposition im Gesundheitsbereich wichtig, falls die Einigung bei der Bereitschaftszeit noch kippe, hatte Bartenstein betont.