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Russland und Saudi-Arabien starteten eine Initiative für stabile Ölpreise. Doch es spießt sich an der Frage, ob es eine Förderbegrenzung geben soll. Und wenn ja, für wen.
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Hangzhou/Moskau. Wie kann man den seit 2014 stark gefallenen Ölpreis wieder in den Griff bekommen? Kommt nun der vieldiskutierte Kompromiss bei der Frage der Drosselung der Fördermenge? Und wie würde sich das auf den Konflikt der beiden Erzrivalen des Nahen Ostens, Iran und Saudi-Arabien, auswirken?
Am Rande des G20-Gipfels in China kamen diese Fragen sehr deutlich zur Sprache. Eine spezielle Arbeitsgruppe, initiiert von Saudi-Arabien und Russland, hat eine Reihe von Gesprächen und Maßnahmen sowie ein Kooperationsabkommen zur Stützung des Ölmarktes vereinbart.
Ziel sei es, den "ewig niedrigen Preisen" drastisch entgegenzuwirken. Wie sensibel der Markt ist, zeigte sich daran, dass allein die Ankündigung des saudischen Energieministers Khalid al-Falih, eine "bedeutende Bekanntgabe" am Rande des Treffens in Hangzhou machen zu wollen, dazu führte, dass die Ölpreise stiegen.
Ölpreis legte amMontag zunächst zu
Der Brent-Ölpreis hat am Montagvormittag deutlich zugelegt. Der als wichtige Ölpreisbenchmark geltende Future auf die Rohölsorte Brent notierte gegen 11 Uhr in London bei 49,11 Dollar je Barrel (159 Liter). Bis 17 Uhr sank er jedoch auf 47,22 Dollar pro Barrel. Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in China kündigten Riad und Moskau weitgehende Schritte an. Der saudische Ölminister Khalid al-Falih sprach am Montag auf der Pressekonferenz von einer "neuen Kooperation". "Die Ölmärkte müssen wieder stabilisiert werden", ergänzte sein russischer Amtskollege Alexander Nowak. Dies beinhalte auch die Möglichkeit einer Produktionsbegrenzung. Beschlossen worden sei aber noch nichts.
Und genau in diesem Punkt spießt es sich auch. Die Saudis sind nämlich strikt gegen ein Einfrieren der Fördermengen. "Dazu besteht aus unserer Sicht derzeit keinerlei Notwendigkeit", stellte der saudische Politiker klar.
Verhältnis zum Iranals Knackpunkt
Die überraschende Kooperation zwischen den beiden Staaten, deren politische und wirtschaftliche Interessen - Stichwort Syrien und Iran - weit auseinaderklaffen, könnte aber durch das Nahverhältnis zwischen Moskau und Teheran an ihre Grenzen stoßen. Eine mittelfristige Gesprächsbasis ist mit der neuen Kooperationsvereinbarung aber jedenfalls geschaffen. Denn die Energieminister wollen einander bei der IEF-Konferenz (International Energy Forum) in Algerien sowie im November beim Opec-Treffen in Wien erneut treffen. Russland als Nichtmitglied soll bei den entscheidenden Preisberatungen bei der nächsten Opec-Sitzung aktiv mitreden und eine hochrangige Experten-Delegation entsenden.
Seit Monaten diskutieren die 14 Erdöl exportierenden Länder der Opec, die vor allem dem Nahen Osten angehören, mit anderen bedeutenden Ölproduzenten über eine mögliche Begrenzung der Fördermengen. Ein erster Anlauf war im April jedoch an Meinungsverschiedenheiten zwischen Teheran und Riad, die zudem keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, gescheitert.
Kreml-Chef Wladimir Putin kann sich ein Einfrieren der Förderung vorstellen. Dies wäre ein wichtiger Schritt für gerechte Weltmarktpreise, sagte er in einem Interview.
Dabei will der russische Präsident dem Iran einen Sonderstatus zubilligen. Bei einer Übereinkunft zur Drosselung der Fördermenge sollte der Iran ausgeklammert werden, sagte der russische Präsident. Nur wenige Monate nach dem Ende der Wirtschaftssanktionen sollte es dem Förderland erlaubt sein, die Ölproduktion weiter zu erhöhen.
Die Saudis sind hingegen strikt dagegen, da sie nicht zulassen wollen, dass der Erzrivale nach Jahren der Isolation am Weltmarkt wieder Fuß fasst. Die Perser hoffen auf den europäischen Markt, der derzeit seinen Bedarf durch Lieferungen aus Russland, Norwegen, Großbritannien, Nigeria und Saudi-Arabien abdeckt. Allerdings stellt gerade das saudische Öl, das die stark rückläufigen Lieferungen aus Libyen ersetzt, die Europäer vor Probleme. Denn dieses ist schwerer und schwefelhaltiger als libysches und iranisches. Die Verarbeitung in den Raffinerien ist entsprechend komplizierter und manchmal sogar teurer.
Teheran will zurückauf den Weltmarkt
Hier will der Iran ansetzen, um seine Position innerhalb der Opec, aber auch geopolitisch wieder zu stärken. Auf mittlere Sicht hieße das, dass der sinkende Preistrend und das Ende der Sanktionen im Jänner 2016 nach der Einigung im Atomstreit dem Iran auch wieder bei der Preisgestaltung Mitsprache erlauben würde.
Irans Ölminister Bijan Zanganeh hat angekündigt, dass der Iran im kommenden Jahr eine "große Rückkehr" auf den Ölmarkt plane. Vor den Embargos produzierte die Islamische Republik rund 3,5 Millionen Barrel pro Tag und exportierte 2,5 Millionen davon. Bei einer weltweiten Nachfrage von täglich etwa 90 Millionen Barrel könnte der Iran, der nach wie vor über die umfangreichsten Öl- und Gasreserven der Welt verfügt, langfristig am Ölkuchen mitnaschen.