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Neuer Besuch beim Mann im Mond

Von WZ-Korrespondent Andrew Osborn

Wissen

+++ In zehn Jahren will Russland eine Mondbasis errichten. | Auch die USA haben den Trabanten wieder entdeckt. | Moskau. Ein neuer Wettlauf zum Mond bahnt sich an. Diesmal geht es nicht um Prestige, sondern um Energie. Denn was auf der Erde nur selten vorkommt, besitzt der Trabant im Überfluss: Das Helium-Isotop Helium 3. Für viele Wissenschaftler ist es der Energieträger der Zukunft. Helium 3 soll als Brennstoff in Nuklearkraftwerken dienen. Es ist jedoch nicht radioaktiv und kann deshalb nach der Nutzung problemlos entsorgt werden.


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Russland will unter den ersten sein, die Helium 3 abbauen und nutzen können. Nach Plänen von Nikolai Sewastjanow, dem Chef des russischen Weltraumunternehmens Energia, wird in weniger als zehn Jahren eine Basis auf dem Mond errichtet sein. Im Jahre 2020 beginnen "Mond-Bagger", den begehrten Rohstoff abzubauen. Raumfähren bringen die kostbare Last zur Erde. In modernen Nuklearkraftwerken wird daraus Energie hergestellt.

"Die Zeit drängt"

Die Pläne der staatlich kontrollierten Firma Energia, eine der mächtigsten im russischen Weltraumsektor, sollen bald in die Realität umgesetzt werden. Bei einer Konferenz in Moskau kündigte Sewastjanow an, Russland werde so bald wie möglich regelmäßig zum Mond fliegen, um von dort den begehrten Brennstoff zur Erde zu bringen. "Klipper", die neue russische Raumfähre, und die Internationale Weltraumstation ISS spielen in dem Projekt eine wichtige Rolle.

"Die Zeit drängt", sagt Sewastjanow. "Die fossilen Brennstoffe reichen noch für 50 oder 100 Jahre. Wir brauchen eine Alternative."

Wissenschaftler schätzen auf dem Mond ein Vorkommen von einer Million bis 500 Millionen Tonnen Helium 3. Der größte Teil dieser Energiereserven wird im "Meer der Stille" vermutet. Aus einer Tonne Helium 3 kann so viel Energie hergestellt werden wie aus 14 Millionen Tonnen Erdöl. Experten schätzen, dass die Vorräte auf dem Mond die Erde für 1000 Jahre mit Energie versorgen können. "Zehn Tonnen Helium 3 werden den jährlichen Energiebedarf Russlands decken", sagt Sewastjanow.

Doch Russland ist nicht das einzige Land, welches nach neuen Energiequellen sucht. Auch US-Wissenschaftler haben das Helium 3 Isotop als viel versprechenden Energieträger entdeckt. Eine Raumfähren-Ladung könnte die USA für ein Jahr mit Energie versorgen. Damit bahnt sich ein neuer Wettlauf zum Mond an. Während des Kalten Krieges war er zwar mit mehr Prestige verbunden. Diesmal soll er aber zukünftigen Generationen eine neue Energiequelle erschließen.

Teurer Wettlauf

Skeptiker bemängeln jedoch die hohen Kosten der Förderung. Außerdem steckt die Technologie, um aus Helium 3 Energie zu gewinnen, noch in den Kinderschuhen. Das russische Kabinett lässt sich indes von solchen Einwänden nicht beirren. Die marode russische Raumfahrt-Agentur soll mit 8,9 Milliarden Euro wieder auf Vordermann gebracht werden. Ob das reicht, um die ehrgeizigen Pläne zum Abbau von Helium 3 zu verwirklichen, muss sich aber erst zeigen. Der Wettlauf zum Mond im Kalten Krieg hatte weit mehr Geld verschlungen.