Österreich behindere EU-Beitritt der Türkei nicht, betonte Spindelegger.
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Wien. Ganz im Zeichen versöhnlicher Worte stand der Österreich-Besuch des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu am Donnerstag. Im vergangenen Jahr waren die Beziehungen zwischen beiden Staaten schwer angeschlagen, nachdem die Türkei durch ein Veto Ex-Außenministerin Ursula Plassnik als Generalsekretärin der OSZE verhindert hat. Nun verwiesen Außenminister Michael Spindelegger und sein türkischer Amtskollege auf die starken Handelsbeziehungen der beiden Staaten und die große Bedeutung der Kooperation.
"Ich freue mich, hier zu sein, und hoffe, in Zukunft öfter kommen zu können", sagte Davutoglu bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. "Michael hat gezeigt, dass bei einem Gespräch neue Dimensionen eröffnet werden können." Die österreichisch-türkischen Beziehungen seien "exzellent". Spindelegger verwies auf die vielen gemeinsamen Interessen, etwa in der Nachbarschaftspolitik am Balkan. 2011 sei beim gemeinsamen Handel erstmals die Grenze von zwei Milliarden Euro überschritten worden. "Wir werden uns bemühen, das zu steigern und noch stärkere Beziehungen miteinander aufbauen."
Auch die heikle Frage der türkischen Bemühungen um einen EU-Beitritt wurde angesprochen. Spindelegger betonte, dass Österreich den Bestrebungen der Türkei nicht im Weg stehe und bei den Beitrittsgesprächen in Brüssel kein einziges Verhandlungskapitel blockiert habe. Zwar spreche sich die ÖVP für eine privilegierte Partnerschaft der Türkei mit der EU anstatt einer Vollmitgliedschaft aus, aber: "Die Vollmitgliedschaft ist auch für uns der Maßstab", sagte Spindelegger.
Davutoglu hofft weiter auf eine Unterstützung Österreichs für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei, wie er bei einem Gespräch mit Journalisten in der türkischen Botschaft bekräftigte. Und noch einem anderen Wunsch äußerte der Außenminister: Visumserleichterungen der EU, die bereits für Balkan-Staaten gelten, sollten auf die Türkei ausgeweitet werden. "In der jetzigen Situation werden viele Türken nicht auswandern", bemerkte er unter Hinweis auf den Wirtschaftsaufschwung seines Landes. "Aber wenn Türken migrieren, dann haben sie auch einen wirklich guten Grund dafür." Darüber hinaus käme eine Visa-Liberalisierung dem europäischen Tourismus zugute.
Auch auf die türkeistämmige Bevölkerung Österreichs ging Davutoglu ein. "Integration ist für uns ein wechselseitiger Prozess. Wir bestärken die Türken darin, die Staatsbürgerschaft zu bekommen, Deutsch zu lernen und sich politisch und kulturell einzubringen." Doch ebenso müssten Türken ihre Identität - sprich: ihre Sprache, Religion und Traditionen - behalten dürfen. Multikulturalismus sei für eine moderne Gesellschaft unerlässlich.
Scharfe Kritik an Syrien
Scharfe Worte fand der Außenminister für Syriens Präsidenten Bashar al-Assad. Sein Regime "kann nicht überleben." Wer alles tue, um den Status quo aufrechtzuerhalten und ein Gemetzel anrichte, werde seine Bevölkerung nicht mehr mit Reformversprechen überzeugen können. Die Türkei möchte eine möglichst breite Koalition zur Beendigung des Konflikts schmieden. Davutoglu werde Syrien bei seinem Besuch in Brüssel am Freitag ansprechen sowie bei der Arabischen Liga. Energisch bestritt er, die Türkei würde zu wenig für syrische Flüchtlinge in der Türkei tun: "100 Millionen US-Dollar wurden bis jetzt ausgegeben, aus rein humanitären Gründen. Die Türkei beschützt die syrischen Flüchtlinge und bietet ihnen in Containern Toiletten, Waschraum und Küche - quasi ein Haus."
Mit dem Iran müsse es intensive Verhandlungen geben, forderte Davutoglu. Nur so könne eine Einigung im Atom-Streit erzielt werden. Einen Angriff Israels auf den Iran werde die Türkei nicht unterstützen.