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Neuer Geldtopf für die Banken

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik
Michael Spindelegger und EU-Kommissar Barnier (r.) lauschen den Ausführungen des deutschen Ministers Schäuble.
© photonews/Schneider

Österreich muss sich auf die Suche nach 170 Millionen Euro jährlich begeben.


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Brüssel. Für den einen Minister ist es ein Zeichen der Solidarität, für den anderen das Mittel, um einen finanziellen Teufelskreis zu durchbrechen. Dass ein europäischer Mechanismus und ein gemeinsamer Fonds zur Abwicklung maroder Banken nötig sind - darüber sind sich die EU-Politiker jedenfalls einig. Doch das Ringen um die Details geht auch nach dem jüngsten Treffen der Finanzminister in Brüssel weiter.

Es geht dabei unter anderem um den Topf, den die Banken mit Geld füllen sollen. Mit den Mitteln daraus sollen später die Kosten für die Abwicklung eines Unternehmens beglichen werden. Dieser Fonds soll innerhalb von zehn Jahren aufgebaut werden und bis zu 55 Milliarden Euro enthalten, die dann der Gemeinschaft zur Verfügung stehen. Bis dahin sollen die Länder in jeweils eigene Abteilungen einzahlen, deren nationale Bedeutung im Laufe der Zeit immer mehr schwindet, bis sie zu dem Gesamttopf verschmolzen sind.

Österreichs Beitrag bis 2025 wären rund 1,7 Milliarden Euro, also ab 2016 an die 170 Millionen Euro jährlich. Einen eigenen Abwicklungsfonds, wie es ihn in einigen Staaten schon gibt, hat das Land nicht. Stattdessen müssen die Geldhäuser eine Bankenabgabe zahlen - die allerdings dem Budget zugute kommt. Die Mittel für den europäischen Topf müssten also entweder abgezweigt werden oder aus einer anderen Quelle stammen.

Dass diese wieder bei ihnen gesucht wird, lehnen die Kreditinstitute ab. Und auch Finanzminister Michael Spindelegger selbst legte dar: "Wir dürfen die Banken nicht überbelasten." Jedoch stelle sich die Frage heuer noch nicht, daher bleibe es bei der Abgabe. Für nächstes Jahr aber schloss Spindelegger Änderungen nicht aus.

Das ist aber nur eine der Unklarheiten bei der Schaffung des Abwicklungsfonds. So gibt es Debatten darüber, ob die gemeinschaftliche Nutzung nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen soll. Zuletzt hatte etwa Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, zu mehr Eile gemahnt. Einige Staaten - darunter Österreich - können sich denn auch vorstellen, dass schon nach fünf und nicht erst nach zehn Jahren Geld aus dem Topf genommen wird. Was aber geschehen soll, falls die Mittel nicht ausreichen, ist ebenfalls offen.

Für eine neue Sicherungslösung dabei sprach sich Jeroen Dijsselbloem, der Vorsitzende der Eurogruppe, aus. Möglich wäre demnach eine Kreditvergabe für den Fonds. Dieser könnte "an den Markt gehen, Geld aufnehmen und für die ersten zehn Jahre nationale Bürgschaften für die Kreditaufnahme geben", erklärte Dijsselbloem.

Da haben einige Staaten aber Einwände. So verwies Spindelegger darauf, dass "eine neue Institution mit neuen Mitarbeitern" geschaffen würde. Die gebe es bereits mit dem Euro-Rettungsfonds ESM.

Mit Finanzmarkt-Steuer erst ab 2016 zu rechnen

Weit weniger Fortschritte als bei der Errichtung der Bankenunion gibt es bei einem anderen Vorhaben, das Österreich wichtig ist. Zwar zeichnet sich schon seit längerem ab, dass die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen später als vorgesehen möglich wäre. Doch muss nun auch das sonst zweckoptimistische Wien einräumen, dass die Maßnahme sich zu einem mühevollen Unterfangen gestaltet. Daher können die Einnahmen aus der Abgabe erst bei der Budgetplanung für 2016 berücksichtigt werden, erklärte Spindelegger. Sein Ressort hätte es gern schon früher gesehen; die Schätzungen beliefen sich auf 500 Millionen Euro, die im Idealfall noch heuer in den Haushalt geflossen wären. Für alle beteiligten Staaten wären es 34 Milliarden Euro pro Jahr, schätzt die EU-Kommission.

An eine EU-weite Einführung der Börsensteuer hingegen ist derzeit sowieso nicht zu denken. Doch selbst unter den elf willigen Ländern, die mit der Initiative vorangehen wollen, gibt es Meinungsunterschiede. Umstritten ist etwa, welche Finanzprodukte überhaupt betroffen sein sollen. So können die Deutschen dem französischen Wunsch nach etlichen Ausnahmen von der Besteuerung nur wenig abgewinnen. Paris möchte größere Teile des sogenannten Derivatengeschäfts, wie Wetten auf steigende oder fallende Aktienkurse, ausklammern. Andere Länder wiederum befürchten negative Auswirkungen auf den Markt der Staatsanleihen. Gegen zu viele Ausnahmen ist neben Berlin aber auch Wien: Die Abgabe solle nicht nur Aktien, sondern ebenfalls Anleihen und Derivate umfassen.

Nun ist abzusehen, dass die Finanzmarktsteuer, die zum Eindämmen von Spekulationen beitragen soll, lediglich schrittweise eingeführt wird. Damit könnte Österreich jedoch leben, meinte Spindelegger. Es gehe darum, "das zu starten".