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Neuer Job und fast keine Freunde: Zweifel am Nahostvermittler Blair

Von Georg Friesenbichler

Analysen

"Ich bin ein Freund Israels und stolz darauf", meinte Tony Blair im Dezember 2004. Auch wenn er bei dieser wie bei vielen anderen Gelegenheiten betonte, neben Israel sei ein eigenständiger palästinensischer Staat notwendig, machen solche Zitate das Misstrauen der radikal-islamischen Hamas verständlich.


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Aber nicht nur Araber hegen Zweifel an der Überparteilichkeit des neuen Sonderbeauftragten des Nahost-Quartetts. Auch Russen und manchen Europäern, die freudlos für ihn gestimmt haben, ist in unliebsamer Erinnerung, dass er sich gegen ihre Bedenken dem US-Feldzug gegen Saddam Hussein samt seinen vorgeschobenen Begründungen angeschlossen hatte. Zudem sind sie von der Vorgangsweise bei der Bestellung Blairs irritiert.

Denn auch hier machte sich Freund Bush bemerkbar: Schon vor Monaten brachte er den britischen Premier ins Spiel für die Nachfolge von James Wolfensohn. Der ehemalige Weltbankpräsident war 2006 als Vermittler zurückgetreten, weil der Friedensplan des Quartetts, die sogenannte Roadmap, nicht umgesetzt wurde.

Beim EU-Gipfel vergangene Woche war es Blair selbst, der verhinderte, dass Javier Solana, seit Jahren mit der Materie Nahost vertraut, zum EU-Außenminister werden konnte. In Brüssel munkelt man nun, dass der Brite nicht ganz uneigennützig gehandelt hat.

Blair wird es jedenfalls schon im eigenen Umfeld nicht leicht haben: Die scheidende EU-Ratspräsidentin Angela Merkel hat bereits klar gemacht, dass die politische Verantwortung weiterhin auf den Schultern des ganzen Quartetts liegt und Blair nur zuarbeiten soll. Und Frankreichs neuer Präsident Nicolas Sarkozy macht kein Hehl aus seinen eigenen außenpolitischen Ambitionen: Am heutigen Freitag wird er Palästina-Präsident Mahmoud Abbas 15 Millionen Euro Direkthilfe zusagen, am 4. Juli wird er den jordanischen König und die israelische Außenministerin empfangen.

Weit schwieriger wird aber die Aufgabe des Ex-Premiers im Zielgebiet selbst. Im Westjordanland hat Abbas die Entwaffnung der eigenen Fatah-Milizen, die in ihren Ansichten eher der Hamas als ihrem Präsidenten nahe stehen, gefordert. Diese lehnen ab, solange die israelischen Truppen gegen sie vorgehen. Prompt gab es Razzien und Ausgehverbote durch die israelische Armee, wie um zu zeigen, wer im Westjordanland tatsächlich herrscht. Wird Blair seinen Freunden klarmachen können, dass solche Aktionen kontraproduktiv sind?

Und wie soll er palästinensische Institutionen aufbauen, wenn sie nicht für das ganze Volk gelten? Der Westen hofft offenbar darauf, dass die Herrschaft der Hamas im Gaza-Streifen unter Druck von außen und steigender Isolation implodiert. Blair stand schon bisher zu dieser Politik - eine Politik, die viele Beobachter als bereits gescheitert ansehen.