Wenn sich Berechnungen von "Planet Neun" bestätigen, wäre es eine astronomische Sensation.
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Pasadena/Wien. Der Ausdruck "Back When Pluto Was a Planet" steht im Internet für eine große Veränderung in kurzer Zeit. Der Begriff erinnert daran, dass Pluto, dem ehemals neunten Planeten im Sonnensystem, am 24. August 2006 der Planetenstatus aberkannt wurde. Weniger als zehn Jahre später – in kosmischen Maßstäben ein Augenblick– scheint ein Ersatz gefunden zu sein: US-Forscher haben Hinweise auf einen neunten Planeten, der alles andere als ein Zwergplanet ist.
Planet Neun, wie der Himmelskörper vorläufig heißt, ist laut seinen Entdeckern zehn Mal so schwer wie die Erde: Seine Schwerkraft dominiert seine kosmische Umgebung. Planet Neun umkreist die Sonne in durchschnittlich 20 Mal so großer Entfernung wie Neptun, der äußerste bekannte Planet im Sonnensystem. Konstantin Batygin und Mike Brown vom California Institute of Technology in Pasadena berichten über das Himmelsobjekt, das die Sonne in 10.000 bis 20.000 Jahren umkreist, im "Astronomical Journal". Allerdings existiert Planet Neun bisher nur in Berechnungen. Durch Teleskope gesehen haben ihn seine Entdecker noch nicht. Die Hinweise beruhen ausschließlich auf mathematischen Modellen und Computersimulationen.
Seit einiger Zeit gehen Astronomen davon aus, dass die Bewegung mancher Objekte im Kuipergürtel von einem unbekannten, größeren Himmelskörper beeinflusst wird. Der Grund für die Theorie sind die stark exzentrischen Umlaufbahnen dieser Zwergplaneten. Forscher vermuten, dass in dem Ring aus eisigem Geröll rund um Neptun ein Planet existiert, dessen Gravitation die Orbits der kleineren Objekte beeinflusst.
Ursprünglich wollten der Physiker Batygin und der Astronom Brown beweisen, dass ein solcher Planet nicht existiert. Brown beobachtete den Nachthimmel, Batygin stellte dynamische Computerberechnungen an. Im Laufe von eineinhalb Jahren fand das Team aber heraus, dass die elliptischen Bahnen der sechs entferntesten Objekte im Kuipergürtel zwar in unterschiedliche Richtungen führen, jedoch alle an einer Stelle zusamentreffen. Diese statistische Häufung ähnlicher Geometrien hielten die Forscher für keinen Zufall.
Pluto und Eris
Zunächst vermuteten die Forscher unbekannte Objekte im Kuipergürtel. Die Berechnungen zeigten aber, dass dann der Eisring das 100-Fache seiner Masse haben müsste. Somit kehrten sie zur Idee eines Planeten zurück. In ersten Simulationen testeten Brown und Batygin einen Himmelskörper, der die sechs Bahnen wie ein gigantisches Lasso zusammenhält. Die Rechnung ging nicht auf. Aus Zufall landeten sie dann bei Simulationen eines massiven Planeten, dessen Orbit nicht im Einklang mit jenem Zwergplaneten steht, sondern ihre Unwucht ausgleicht. Die Berechnungen erklären laut den Forschern die exzentrischen Orbits. Aus den Bahndaten errechneten die Astronomen dann, dass ein solches Himmelsobjekt fünf- bis zehnmal so massereich sein dürfte wie die Erde. Da er 5000 Mal schwerer sei als Pluto, könne es keine Diskussionen geben, ob es sich bei dem neuen Himmelskörper um einen Planeten handle, betont Brown.
Es wäre nicht das erste Mal, dass der US-Forscher Brown die Karte unseres Sonnensystems verändern würde. 2005 entdeckte er den Himmelskörper Eris im Kuipergürtel. Weil Eris etwa so groß wie Pluto ist, wurde Pluto zum Zwergplaneten degradiert.
Wenn sich die indirekten Beobachtungen bestätigen lassen, wäre es eine astronomische Sensation. "Ich glaube, die sind da etwas Existierendem auf der Spur. Ich würde da Geld drauf setzen", sagte Alessandro Morbidelli vom französischen Cote-d’Azur-Beobachtungszentrum. Nasa -Forscher Alan Stern mahnt hingegen zur Vorsicht: "Vorhersage und Entdeckung sind unterschiedliche Dinge".