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Neuer Premier für Chirac?

Von Alexander U. Mathé

Europaarchiv

Die Niederlage beim Verfassungsreferendum hat Frankreichs Präsident Jacques Chirac in eine Zwickmühle gebracht. Er wird wohl seinen unbeliebten Premier Raffarin aus dem Amt entlassen müssen. Als dessen Nachfolger kommen derzeit nur Erzrivale Nicolas Sarkozy, Innenminister Dominique de Villepin oder Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie in Frage.


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Jacques Chirac dürften nur zwei Optionen bleiben. Erstens Nicolas Sarkozy zum Premier ernennen, das Ende des Präsidentenamtes abwarten und zum Abschied leise "Salut" sagen. Zweitens die Konfrontation mit Sarkozy suchen und einen Getreuen in den Krieg gegen den unliebsamen Rivalen schicken.

Schon seit langem ist Chirac der Chef der Präsidentenpartei UMP (Union für eine Volksbewegung), Nicolas Sarkozy, ein Dorn im Auge. Alle Versuche, den bei den Franzosen beliebten Politiker abzusägen, schlugen bisher fehl. Ihn zum Premierminister zu ernennen, wäre ein Zeichen von Schwäche. Der letzte Politiker, den Chirac aufbauen wollte, um Front gegen Sarkozy zu machen, war Finanzminister Herve Gaymard, der nach einem Immobilienskandal zurücktreten musste.

Politischer Erbe gesucht

Die Vermutung liegt daher nahe, dass Chirac versuchen wird, einen neuen Thronfolger oder eine Thronfolgerin aufzubauen. Dabei könnte ihm der schwungvolle und loyale Innenminister Dominique de Villepin gerade recht kommen. Dieser stand vor allem im Blickpunkt der Öffentlichkeit, als Frankreich den von den USA geführten Angriffskrieg gegen den Irak ablehnte. Als Alternative wird Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie gehandelt. Einer der beiden sollte jedenfalls Sarkozy 2007 den Weg zum Präsidentenamt versperren.

Lässt Chirac Sarkozy nicht zum Zug kommen, so dürfte das ein weiterer unpopulärer Schritt sein, denn mit seiner Dynamik ist Sarkozy bei den Bürgern sehr beliebt: 25 Prozent der Franzosen würden laut Umfragen den ehemaligen Wirtschaftsminister gerne als Premier sehen - auch wenn das eine radikale Reformpolitik liberaler Märkte bedeuten würde. Dem gegenüber sind 13 Prozent für Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie und nur 11 Prozent für den Chirac-Favoriten de Villepin.