Anteil der Gründerinnen soll steigen. | Niedrigere Lohnnebenkosten in den ersten drei Jahren. | Wien. "Statt Angst und Frust" soll in Zukunft bei den Unternehmensneugründungen "Mut und Lust" im Vordergrund stehen, sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl am Dienstag in Wien. Es gebe im Vergleich zum Jahr 2000 rund ein Drittel mehr Neugründungen pro Jahr. Das sei ein neuer Rekordwert.
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Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) habe in den letzten Jahren viele Initiativen gestartet, um Leute zu unterstützen, die sich selbständig machen wollen. Exemplarisch hob er die Befreiung der Gründer von den Mitgliedsbeiträgen der Kammer hervor. Leitl verglich die Aufgabe der WKÖ mit der einer wirtschaftlichen "Schwangerschaftsberatung und Kinderbereuung". "Man muss ein kleines Unternehmen an der Hand führen, denn es kennt die Gefahren des Dschungels noch zu wenig", betonte Leitl.
In den letzten zehn Jahren ist die Anzahl der Firmenauflösungen um 41 Prozent gestiegen, die der Neugründungen hingegen um 123 Prozent. "Alle 17 Minuten stirbt - umgerechnet auf die 40-Stunden-Woche - ein Unternehmen, aber alle 5 Minuten wird ein neues geboren", ergänzte er. Der Arbeitsmarkteffekt ist höher einzuschätzen, da jeder Gründer in der Folge im Schnitt ein bis zwei Personen einstellt. Besonders erfreulich ist für Leitl die hohe Zuwachsrate Österreichs bei den Selbständigen im Zeitraum von 2000 bis 2004. Österreich kommt hier im Vergleich mit anderen OECD-Staaten auf den exzellenten Spitzenwert von über 19 Prozentpunkten, während zum Beispiel Deutschland nur einen Zuwachs der Selbständigen von rund 8 Prozentpunkten verbuchen kann. Die absolute Anzahl der Selbständigen ist aber immer noch unter dem europäischen Durchschnitt.
Frauen als Chefs
Die WKO will besonders die Frauen ermutigen, das Risiko des Einzelunternehmertums zu wagen. "Talente, Fähigkeiten und Begabungen" ließen es zu, so Leitl. Derzeit seien nur 35,1 Prozent aller Chefs von Jungunternehmen weiblich. Das soll sich nun ändern. Leitl und der Vertreter der Jungen Wirtschaft, Daniel Brandstätter, peilen als Ziel kurzfristig 40 Prozent Frauenanteil an den Neugründungen an. Langfristig soll jede zweite neue Firma von einer Frau aus der Taufe gehoben werden.
Ein Instrument, um erfolgreiche Neugründungen zu erleichtern, ist die Business-Plan-Offensive, die bis 2007 umgesetzt wird. Brandstätter will bis zu diesem Zeitpunkt erreichen, dass drei Viertel aller Neugründer einen Geschäftsplan (Anm.: schriftliche Fixierung der Unternehmensplanung zur betriebswirtschaftlichen Absicherung von Chancen und Risiken bei einer Neugründung oder Unternehmenserweiterung) anlegen, bevor sie in die Selbständigkeit starten.
Faktor Arbeit entlasten
Beim Dauerthema Lohnnebenkosten-Senkung für Jungunternehmer in den ersten drei Jahren sprach sich Leitl für eine spürbare Entlastung von neuen Einzelunternehmen aus. Insbesondere beim Insolvenz-Topf und bei der Unfallversicherung sei ein Spielraum da. Eine Reduktion der Lohnnebenkosten um 10 Prozent wäre bereits ein Erfolg.
Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) begrüßte zwar den Vorstoß Leitls, wonach der Faktor Arbeit in Zukunft entlastet werden solle. Der ÖGB wies aber darauf hin, dass ein großer Teil der Neugründungen atypische Beschäftigungsverhältnisse darstelle. Ein großes Problem für Selbständige und freie Dienstnehmer sei die fehlende Absicherung im Fall der Arbeitslosigkeit.