Finanzministerium lehnt Vorstoß ab. | Opel: Warten auf Sanierungskonzept. | Brüssel. Die Krise der Automobilindustrie hat Österreich endgültig erfasst: Neben dem Spezial-Problem Opel, das bereits weite Teile der Belegschaft im Werk Aspern in die Kurzarbeit gedrängt hat, kommt jetzt die Zulieferindustrie massiv unter Druck. An der hängen in Österreich rund 300.000 Arbeitsplätze.
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Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner spricht sich daher für einen Rettungsschirm für die großen heimischen Zulieferer in der Größenordnung von bis zu zwei Milliarden Euro aus. Bis zu diesem Umfang könnten Firmenanleihen in Tranchen von 300 bis 500 Mio. Euro mit Staatshaftung versehen werden, sagte er beim Treffen mit seinen EU-Kollegen am Donnerstag.
Die Unternehmen könnten zu günstigeren Zinssätzen Liquidität und Mittel für Investitionen erlangen. Dabei müssten die finanziellen Grenzen beachtet und das EU-Wettbewerbsrecht eingehalten werden.
Noch gebe es viele Unsicherheiten, so Mitterlehner, vor allem "unterschiedliche Auffassungen" zwischen zwei österreichischen Ministerien, jenem für Wirtschaft und jenem für Finanzen. Tatsächlich steht Finanzminister Josef Pröll auf dem Standpunkt, die zusätzlichen Staatshaftungen seien "kein Thema". Hintergrund ist laut Prölls Büro die bereits heute um mehr als einen Prozentpunkt höhere Verzinsung der heimischen Staatsanleihengegenüber den deutschen, weil Analysten das Risiko höher einschätzen. Weitere Industriehaftungen würden vom Markt als direkte Staatsschulden mit extrem hohem Risiko angesehen, Kosten für die Geldaufnahme für den Staat enorm steigen.
Mitterlehner räumte auch ein, dass ein Paket noch keineswegs geschnürt sei. Unklar ist etwa noch, ob die Anleihen voll vom Staat besichert werden sollen beziehungsweise zu welchem Prozentsatz, wer die Bonität der Unternehmen prüft, wie die staatliche Förderbank Austria Wirtschaftservice eingebunden wird und die Abgrenzung der gestützten Unternehmen. Klar sei lediglich, dass nur Hersteller und nicht der Handel im Fokus der möglichen Rettungsaktion seien.
Zum Showdown zwischen den Ministern könnte es am 16. März kommen, wenn ein gemeinsames Treffen mit Unternehmenschefs und Sozialpartnern stattfinden soll.
General Motors warnt vor eigener Pleite
Im Gleichschritt mit dem deutschen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will Mitterlehner das Problem mit Opel angehen. Dessen Pleite würde weltweit 400.000 Arbeitsplätze kosten, warnt die deutsche Gewerkschaft IG Metall. EU-Kommissar Günter Verheugen regte bereits ein Sondertreffen der beteiligten Staaten an.
Bevor der Staat Opel helfen könne, sei aber ein schlüssiges Sanierungskonzept nötig, beharrt Guttenberg. Bis 12. März wolle die deutsche Regierung es vorliegen haben, noch sei die "Informationslage unübersichtlich", sagte Mitterlehner. Derzeitige Pläne seien offenbar noch nicht mit der US-Mutter General Motors (GM) abgestimmt, in deren Sog Opel in eine existentielle Krise geschlittert ist.
Rund 7 Mrd. Euro sollen zur Rettung nötig sein. Offen sind laut Mitterlehner noch grundsätzliche Positionierungen - etwa ob der europäische Konzern abgespalten und ein Konkurrenzunternehmen zu GM werden solle oder eine Kooperation oder gar ein Beteiligungsverhältnis angestrebt werde. Unklarheit herrschte auch über die Anzahl der von Opel bereits geplanten Kündigungen. Während Guttenberg mit 7000 eine weit höhere Zahl nannte als bisher angenommen, dementierte ein GM-Sprecher diese Zahl umgehend. Weiterhin seien nur 3500 Kündigungen geplant, hieß es am Donnerstag.
GM dürfte jedoch selbst an seinem Überleben zweifeln: Der Konzern erklärte, möglicherweise Gläubigerschutz nach US-Recht anmelden zu müssen, falls er die Verluste nicht in den Griff bekomme. In seinem Jahresbericht für die US-Börsenaufsicht SEC erklärte der ehemalige Weltmarktführer, es gebe keine Garantie dafür, dass sich der weltweite Automarkt erhole oder dass es nicht weiter deutlich abwärts gehe.