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Vorstoß für mehr soziale Eingliederung. | EU-Abgeordnete wünschen sich "Krisenlandkarte". | Brüssel. Der Aufschrei war groß, als der französische Präsident Nicolas Sarkozy letzten Sommer tausende Roma ausgewiesen und zurück nach Rumänien und Bulgarien geschickt hatte. Es folgte ein bis dahin beispielloser Schlagabtausch zwischen Grundrechtskommissarin Viviane Reding und der Regierung in Paris. Bei einer großen Roma-Konferenz in Bukarest musste die Kommission erkennen, wie schwierig die Aufgabe sein würde, die Roma künftig mehr in die Gesellschaft zu integrieren. Und seither ist es ganz ruhig um das Problem geworden.
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Doch heute, Mittwoch, will die ungarische EU-Abgeordnete Livia Jaroka wieder Schwung in die Debatte bringen. Und ihre Chancen stehen gut, für ihren Bericht eine breite Mehrheit der 736 Europaparlamentarier zu gewinnen. "Die soziale Eingliederung der Roma ist eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen, der sich Europa gegenübersieht", sagte die Fidesz-Parteifreundin des ungarischen Premierministers Viktor Orban und selbst einzige Roma im EU-Parlament. Ziel ihrer Strategie sei, "den hoffnungslosen Massen, die heute in Armut leben, zu helfen, in Zukunft gleichberechtigte Bürger zu sein".
Denn immer noch ist der Lebensstandard der bis zu zwölf Millionen Roma in der EU fast immer deutlich schlechter als der ihrer Landsleute. Sie werden laut Jarokas Bericht "im öffentlichen und privaten Leben systematisch diskriminiert" und können so nie die Mitte der Gesellschaft erreichen. Dabei sind die meisten schon lange keine Nomaden mehr sondern in zweiter oder dritter Generation sesshaft. "Ein wesentlicher Anteil der Roma-Gemeinschaft lebt in EU-Regionen, die wirtschaftlich und sozial am wenigsten entwickelt sind", schreibt Jaroka. Viele wohnen in neueren Mitgliedstaaten; den größten Anteil hat Rumänien mit geschätzten 2,5 Millionen Roma.
Aktionspläne gefragt
In den 46 Seiten starken Empfehlungen ruft das EU-Parlament die Kommission dazu auf, eine führende Rolle im Kampf für die Gleichberechtigung der Roma zu übernehmen. Die Berichterstatterin schlägt die Ausarbeitung einer Krisenlandkarte vor, die Gebiete identifiziert, in denen die Menschen am schlimmsten von Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind, um ihnen gezielt helfen zu können. Kriterien könnten eine hohe Arbeitslosigkeit, mangelnder Zugang zu Arbeitsplätzen, niedrige Bildungs- und Lohnniveaus, soziale Spannungen und das Fehlen von Infrastruktur sowie öffentlichen Einrichtungen sein.
Die Mitgliedstaaten müssten nationale Aktionspläne ausarbeiten, etwa um die Roma in den Arbeitsmarkt einzubinden und ihren Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen. Die Kommission müsse die Fortschritte überwachen, die letzten Herbst gebildete "Roma-Task Force" unter Reding solle als ständiges Gremium beibehalten werden.