Die Bestemmaktion platzte erst in der Regierungsvorlage; im Urentwurf zur Steuerreform 2000 war sie noch nicht enthalten. Kurz davor hatte das Höchstgericht die von ihm selbst gezimmerte Theorie | der betrieblichen Versorgungsrenten wieder umgestoßen. "Was hat sich der Verwaltungsgerichtshof eigentlich dabei gedacht", ärgerten sie sich bei der Finanz. "Ohne Einberufung eines verstärkten Senats | und ohne eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit der Gesamtthematik" hatten die solcherart gezausten hohen Richter das steuerliche Rentengebäude ins Wanken gebracht. Die Ministerialen | reagierten mit einem trotzigen Einschubkapitel in das Reformgesetz: "Neuordnung der Rentenbesteuerung".
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Auslöser des Streits war der Begriff der sogenannten Versorgungsrente, also jener Leibrente, die beim Betriebsverkauf vorkommt, aber zum Wert des Betriebs in einem krassen Mißverhältnis
steht. Diese Rentenform fand nicht mehr die Zustimmung der Höchstrichter, die nur mehr zwischen echten Gegenleistungsrenten und Schenkungen unterscheiden wollen.
Gesetzliche Verankerung
Die nun im Reformgesetz festgeschriebene Neuordnung der Rentenbesteuerung will am Begriff der Versorgungsrenten grundsätzlich festhalten, bringt aber darüberhinaus die schon lange geforderte
umfassende Abklärung der steuerlichen Rentenbehandlung, in dem sie die verschiedenen Varianten von übertragungsrenten im Einkommensteuer gesetz verankert.
Die neue Diktion der Reform unterscheidet dazu zwei große Bereiche, in denen Rentenvereinbarungen vorkommen und sowohl beim Rentenzahler als auch beim Rentenempfänger zu unterschiedlichen
steuerlichen Auswirkungen führen können. Der Bereich A umfaßt Rentenvereinbarungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Anteilen an Personengesellschaften.
Das ist also der Bereich der Einkünfte aus Agrarwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus den freiberuflichen Sektoren. Der Bereich B umfaßt Vereinbrungen, die bei der Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter getroffen werden, vornehmlich also den Bereich des Privatvermögens.
Für den A-Bereich unterscheidet das Gesetz die echten Kaufpreisrenten, die nun wieder adoptierten "außerbetrieblichen" Versorgungsrenten und die Unterhaltsrenten.
Relation zum Betriebswert
Bei Kaufpreisrenten geht man davon aus, daß der (versicherungsmathematische) Barwert der Rente dem Wert des übertragenen Betriebes angemessen ist, d.h. zwischen 75% und 125% des Betriebswertes
liegt. Der Veräußerer muß den Veräußerungsgewinn versteuern, der Erwerber hat Anschaffungskosten für seinen neuen Betrieb.
Die "außerbetriebliche" Versorgungsrente ist ungeachtet ihrer Bezeichnung natürlich durchaus betrieblich. Sie trifft zu, wenn der (versicherungsmathematische) Barwert keine an gemessene
Gegenleistung darstellt, weil er weniger als 75% oder zwischen 125% und 200% des Betriebswertes ausmacht. Hier wird eine unentgeltliche Betriebsübertragung angenommen, wobei der Erwerber die
Buchwerte des Vorgängers unverändert fortsetzen muß. Die Rentenbeträge sind beim Zahler Sonderausgaben, beim Empfänger steuerpflichtig · freilich beides erst dann, wenn der Rentenbarwert (diesmal
nach Bewertungsgesetz kapitalisiert) überstiegen wird.
* Die Unterhaltsrente ist schließlich daran erkennbar, daß der Rentenbarwert mehr als 200% des übertragenen Betriebswertes ausmacht. Hier liegt praktisch eine Schenkung vor, wobei der
Betriebsnachfolger ebenfalls an die Vorgänger-Buchwerte gebunden ist. Es gibt weder absetzbare Sonderausgaben noch steuerpflichtige Rentenbezüge.
Für den B-Bereich · also vor allem bei der Übertragung von Privatvermögen gegen Leibrente · unterscheidet das Einkommensteuergesetz künftig nur zwischen Kaufpreis- und Unterhaltsrenten.
Versorgungsrenten werden in diesem Bereich nicht unterstellt. Eine Kaufpreisrente liegt vor, wenn der Rentenwert mehr als 50% des Wertes des übertragenen Gutes beträgt. Ist der Rentenwert
geringer, liegt eine Unterhaltsrente vor. Ist der Rentenbarwert um mehr als 25% über dem Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes, muß man ihn in einen "angemessenen" Kaufpreisteil und einen
"unangemessenen" Unterhaltsrententeil aufspalten. Nur der Kaufpreisanteil kann beim Veräußerer zu einer Steuerpflicht bzw. beim Erwerber zu Anschaffungskosten führen.
Ist der Rentenbarwert um mehr als 200% höher als der Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes, dann ist nur mehr an eine Unterhaltsrente zu denken, die einkommensteuerlich bedeutungslos,
schenkungssteuerlich allerdings bedeutungsvoll ist.
Neuer Bewertungszeitpunkt
Abgesehen davon, daß die bisherige Dualität zwischen versicherungsmathematischer und bewertungsrechtlicher Barwertermittlung aufrecht erhalten wurde (und damit zweierlei Berechnungen erforderlich
macht), bringt die Neuordnung der Rentenbesteuerung auch noch eine andere Änderung mit sich, nämlich jene des Bewertungszeitpunkts. Bisher war es üblich, daß der Steuerabzug (beim Rentenzahler) und
die Steuerpflicht (beim Rentenempfänger) erst dann einsetzten, wenn der bewertungsgesetzliche Rentenbarwert durch die Zahlungen überstiegen wird. Dabei wurde dieser Barwert auf den Zeitpunkt der
Übertragung des Betriebes oder Wirtschaftsgutes abgestellt.
Künftig soll die Bewertungsermittlung auf den Zeitpunkt des Beginns der Rentenleistung projiziert werden, was im Einzelfall (durch inzwischen eingetretene Alterssprünge) zur rascheren Steuerpflicht
beim Empfänger führen kann.
Sonstige Renten
Keine Änderung gibt es bei Versorgungsrenten, die vom Betriebsnachfolger für die Verdienste des ehemaligen Betriebsinhabers ("Ehrenpension") bezahlt werden. Die Betriebsübertragung selbst gilt als
unentgeltlich, die Renten sind beim Zahler Betriebsausgaben, beim Empfänger nachträgliche Betriebseinnahmen. Keine Änderung gibt es auch für die Schadens-, Unfallrenten oder Berufsunfähigkeitsrenten,
die im Zusammenhang mit übertragenen Wirtschaftsgütern bezahlt werden. Der Zahler hat absetzbare Sonderausgaben, der Empfänger muß die empfangenen Renten als wiederkehrende Bezüge versteuern.
Die Neuordnung der Rentenbesteuerung ist nur zufällig ein Teil des Reformprogramms des Finanzministers geworden. Sie ist allzudeutlich eine Auflehnung der Verwaltung gegen eine zu befürchtende
Verunsicherung durch die jüngste höchstgerichtliche Judikatur. Um sicher zu gehen, daß die jetzt festgeschriebene Neuordnung auch keine zeitliche Lücke offenläßt, ist deshalb vorgesehen, daß sie
rückwirkend ab 1989 gelten soll.