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Neuer Streit um Höchstarbeitszeit

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

EU-Abgeordnete wollen Kompromiss kippen. | Brüssel. Jahrelang hatten die Mitgliedsstaaten erfolglos verhandelt. Im Juni konnte endlich ein Kompromiss über ein neues EU-Gesetz für EU-weit möglichst einheitliche Höchstarbeitszeiten gefunden werden. Doch jetzt könnte das Europäische Parlament querschießen. Mit einer überraschend deutlichen Mehrheit von 35 gegen 13 Stimmen lehnte der Parlamentsausschuss den Standpunkt der EU-Länder ab.


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Dieser sieht die dauerhafte Möglichkeit für Ausnahmen von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden vor - das "Opt-Out". Die Abgeordneten verlangen, dass diese Ausnahmemöglichkeiten nach spätestens drei Jahren auslaufen müssen. Diplomatenkreise sehen darin eine unmögliche Vorgabe. Nur mit letzter Kraft war es überhaupt gelungen, Großbritannien eine ausnahmsweise wöchentliche Höchstarbeitszeit bis zu 65 Stunden abzuringen.

Strittig ist auch die Bereitschaftszeit: Laut Mitgliedsstaatenkompromiss sollen die Hauptstädte entscheiden dürfen, welcher Anteil der Bereitschaft als aktiv und somit als Arbeitszeit gewertet werden muss. Der Parlamentsausschuss fordert die volle Anrechnung der Bereitschaftszeit auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit. Das wurde von vielen zuständigen Ministern als unfinanzierbar bezeichnet - vor allem im Spitalsbereich.

Neue offene Fronten

Für die derzeit der EU vorsitzenden Franzosen eröffnet sich mit dem Ausschussvotum eine neue Verhandlungsfront. Bis zur Abstimmung im Parlamentsplenum Mitte Dezember soll ein Kompromiss gefunden werden. Weil die Verhandlungen weit fortgeschritten sind, beginnt bei einem Scheitern ein Fristenlauf. Gibt es bis ins Frühjahr immer noch keine Übereinkunft, ist das neue EU-Gesetz gestorben.

Dann greife die bestehende Rechtsnorm, welche Opt-Outs mit unbegrenzter Wochenarbeitszeit erlaube, so die Warnung ans Parlament. Dass gewisse EU-Parlamentarier im Kompromiss der Mitgliedsstaaten einen "sozialen Rückschritt" sehen, sei nicht nachvollziehbar.