Finanz verschärft Gangart gegen Steuersünder. | Primär Haft statt Geldstrafen. | Bis zu fünf Jahre für bandenmäßige Steuerhinterziehung. | Wien. Abgabenhinterziehung war und ist kein Kavaliersdelikt. Wer Abgaben hinterzieht, dem drohen Geldstrafen von bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages.
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Wiederholungstäter erfüllen das Delikt einer "gewerbsmäßigen Begehung", und diesen droht eine Geldstrafe bis zum Dreifachen des hinterzogenen Betrages oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Beträgt der strafbestimmende Wertbetrag über 500.000 Euro, können die gewerbsmäßigen Steuerhinterzieher bis zu fünf Jahren hinter schwedischen Gardinen kommen.
In der Praxis wird freilich nicht so heiß gegessen wie gekocht: Für Ersttäter wurde in der Regel eine Geldstrafe von 20 bis maximal 40 Prozent des erschwindelten Betrages verhängt. Angesichts der niedrigen Geldstrafen konnte man es riskieren, die Abgaben zu hinterziehen.
Bis zu zehn Jahre Zuchthaus
Nach der neuen Finanzstrafgesetznovelle, die im Entwurf vorliegt und darauf wartet, im Nationalrat behandelt und beschlossen zu werden, ist nun Schluss mit lustig. Zu der Abgabenhinterziehung kommt ein neuer Straftatbestand: der Abgabenbetrug. Wer Rechnungen, Urkunden oder Verträge fälscht, um Steuervorteile zu erlangen, begeht Abgabenbetrug.
Der neue Tatbestand knüpft an die klassischen Betrugshandlungen an, die sich in der Herstellung unrichtiger oder verfälschter Urkunden bzw. Beweismitteln manifestieren.
Grundlagendokumente verfälscht
Die hohe kriminelle Energie in der Produktion von "Lugurkunden" soll härter bestraft werden. Wie grenzt sich also die "normale" Abgabenhinterziehung vom Abgabenbetrug ab? Bei der normalen Abgabenhinterziehung wird (nur) in der Steuererklärung gelogen, beim Abgabenbetrug werden die Grundlagendokumente verfälscht. Wer mit Scheingeschäften dem Fiskus ein Schnippchen schlägt, wird zukünftig als "Betrüger" und damit verbunden als Verbrecher im Sinne des Strafgesetzbuches behandelt.
Hand aufs Herz, welcher Steuerpflichtige kann von sich behaupten, noch nicht in solchen oder ähnlichen Situationen geraten zu sein: Ein Unternehmer fährt in den wohlverdienten Privaturlaub auf den Malediven und lässt sich von seinem Reisebüro eine "Kongressreise" bestätigen. Ein Angestellter deckt sich für seine Familie vor Schulanfang mit notwendigem "Büromaterial" ein. Oder der Kauf von Tageszeitungen oder Belletristik wird mit dem Titel "Fachliteratur" im Buchhandel quittiert.
Wenn mehrere Personen mit der Produktion der Dokumente beschäftigt sind - also beispielsweise der Verkäufer, der Geschäftsführer, der Steuerberater und der eigentliche Abgabenhinterzieher -, wird ein zweites Verbrechen begannen, nämlich die "bandenmäßige" Abgabenhinterziehung. Mitgegangen, mitgefangen, jedes Mitglied der Bande muss mit Zuchthaus rechnen, egal wie die Steuerbeute untereinander aufgeteilt wird.
Über jedes Mitglied einer Bande kann bei Abgabenhinterziehung eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Geldstrafe bei Abgabenbetrug kann bis zu 2,5 Millionen Euro gehen, bei Verbänden wie Kapitalgesellschaften oder Vereinen können Geldstrafen bis zu maximal zehn Millionen Euro verhängt werden.
Die Kapitalgesellschaft kann jedoch nicht eingesperrt werden, den natürlichen Personen als Abgabenbetrüger winkt ein Freiheitsentzug bis zu zehn Jahren.
Gerichtszuständigkeit ab 100.000 Euro
Beträgt der strafbestimmende Wertbetrag über 100.000 Euro, gilt Gerichtszuständigkeit. Liegt der Wert darunter, strafen die Finanzbehörden. In früheren Zeiten war das Gericht allerdings oft milder als die Finanzstrafbehörden. Auch das soll sich ändern. Eine Geldstrafe darf nach dem Entwurf zur Finanzstrafgesetznovelle höchstens bis zur Hälfte bedingt nachgesehen werden. Ob die Gefängnissuppe freilich so heiß gegessen wie gekocht wird, bleibt abzuwarten. Der aktuelle Gesetzesentwurf erlaubt an Stelle der primären Freiheitsstrafe immerhin auch eine Geldbuße in der Höhe von 500.000 Euro. Die Jagd auf Steuersünder ist somit offiziell eröffnet. Dazu soll auch, wie berichtet, innerhalb der Finanzämter eine eigene "Finanzpolizei" eingerichtet werden.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.