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Neuer Verfassungsschutz nimmt Arbeit auf

Politik

Nach dem BVT-Skandal wurden für die "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst" (DSN) die Felder getrennt.


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Von einem "historischen Tag im sicherheitspolitischen Sinn" sprach Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag bei der Pressekonferenz zur neuen "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst" (DSN), die ab Mittwoch ihre Arbeit aufnimmt. Der "Verfassungsschutz alt", das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sei rund 20 Jahre lang die "Schutzmauer der Republik" gewesen, sagte Nehammer, "sie ist aber brüchig geworden". Von der Hausdurchsuchung unter Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sei das BVT zusätzlich beschädigt worden, weil Mitarbeiter dadurch verunsichert worden seien und das Vertrauen bei Partnerdiensten im Ausland verloren ging, so Nehammer.

Im Februar 2018 waren Einsatzkräfte zur Bekämpfung der Straßenkriminalität im damaligen BVT im dritten Wiener Gemeindebezirk einmarschiert. Ausgangspunkt der Razzia waren diverse Anschuldigungen gegen BVT-Beamte, die in einem anonymen Konvolut gesammelt wurden. Mit der Hausdurchsuchung war die Grundlage für die Neugestaltung des heimischen Verfassungsschutzes gelegt. Nicht zuletzt, weil die Vorgänge im BVT monatelang in heimischen wie auch internationalen Schlagzeilen blieben.

Im März hatte Nehammer dann eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes angekündigt. In der neuen DSN werden die Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst organisatorisch und strukturell voneinander getrennt, wie auch international in den meisten Ländern üblich. Daher gebe es neben dem neuen Direktor Omar Haijawi-Pirchner für die beiden Bereiche auch je einen Vize-Direktor, betonte Nehammer bei der Pressekonferenz. Unter dem 41-jährigen Hajawi-Pirchner, dem bisherigen Leiter des Landeskriminalamts Niederösterreich, wird David Blum für die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten, Michael Lohnegger für die staatspolizeilichen zuständig sein. Dass allerdings beide Bereiche eng zusammenarbeiten sollen, sei entscheidend, weil Terror und organisierte Kriminalität oft zusammenhingen, sagte Nehammer.

Die DSN wird künftig, so wie das Bundeskriminalamt und ein neues "Cyberzentrum" in der Meidlinger Kaserne untergebracht sein. Das Areal soll um 600 Millionen Euro auf adaptiert und mit zeitgemäßen technischen Voraussetzungen ausgestattet werden - auch was die Sicherheit der sensiblen Infrastruktur angeht, betonte der Innenminister. Der Einzug dürfte aber nicht vor 2028 erfolgen.

Haijawi-Pirchner will Vertrauen bei Partnerdiensten wieder aufbauen

Einen nachrichtendienstlichen Bereich wie in der neuen DSN habe es in dieser Form in der Zweiten Republik noch nicht gegeben, so der Innenminister. Der Prozess der Neustrukturierung habe bereits unter Franz Ruf, dem heutigen Generaldirektor für öffentliche Sicherheit begonnen. Am Mittwoch würde der neue Staatsschutz mit völlig neuen Voraussetzungen, aber einem erfahrenen Team starten. Die gesetzliche Regelung, die dafür im Parlament beschlossen wurde, habe das Ziel, parteipolitischen Postenbesetzungen entgegenzuwirken. Dies sei mit der neuen gesetzlichen Struktur nicht mehr möglich, so Nehammer. Freilich waren gegen den DSN-Leiter Haijawi-Pirchner selbst bereits Vorwürfe der ÖVP-Nähe laut geworden, insbesondere als Bilder auftauchten, die den Polizisten vor den Niederösterreich-Wahlen 2020 im Wahlkampf-Einsatz für die ÖVP zeigten.

Haijawi-Pirchner selbst sagte bei der Pressekonferenz, der neu geschaffene Nachrichtedienst in der DSN solle im Sinne eines modernen Frühwarnsystems vor extremistischen Bedrohungen funktionieren, der Staatsschutz als Abwehr im sicherheitspolizeilichen Sinn. Ziel der DSN-Struktur sei, eine "vertrauenswürdige, international vernetzte und verlässliche Organisation" zu schaffen. Das durch die Causa BVT erschütterte Vertrauen der Partnerdienste wieder aufzubauen, gehe nicht von heute auf morgen, "es wird auch meine persönliche Aufgabe sein". Ebenso entscheidend sei aber, auch das Vertrauen der Bevölkerung wieder zu gewinnen.

Innenminister Nehammer warnte explizit vor den Gefahren des islamistisch motivierten Terrorismus, ebenso wie vor dem organisierten Rechtsextremismus, gerade auch im Zusammenhang mit den Corona-Demos, die zuletzt von amtsbekannten Rechtsextremen wie Gottfried Küssel oder der "Identitären"-Nachfolgeorganisation "Die Österreicher" angeführt wurden. In diesem Zusammenhang holte Nehammer auch zu einer durchaus emotionalen Rede an die Maßnahmengegner aus und versuchte, ihnen ins Gewissen zu reden: "Wir alle wollen unsere Freiheit zurück", sagte er. Der Weg dorthin führe aber nicht über Gewalt, sondern über die Impfung. Das Impfthema sei kein parteipolitisches, sondern ein gesundheitspolitisches. (tschi)