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Neuer Zwist um Auslandsungarn

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Europaarchiv

Minderheiten- vertreter wirbt für Abkommen über doppelte Staatsbürgerschaft. | Ungarischer Ex-Präsident ruft zu Verständigung auf. | Bratislava. Die verordnete Ruhe währte nicht lange. Vor genau einem Monat versicherten die slowakische Ministerpräsidentin Iveta Radicova und ihr ungarischer Amtskollege Viktor Orban in Budapest vor laufenden Kameras, mit dem "Geschrei über die Donau" sei Schluss. Doch seit dem Wochenende ist das bilaterale Verhältnis erneut auf die Probe gestellt.


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In Ländern, in denen Gemeinschaften von Auslandsungarn leben, könne ohne Autonomie nicht von einer Gleichberechtigung dieser Ungarn gesprochen werden, verkündete der Staatssekretär im ungarischen Außenministerium Zsolt Nemeth am Nationalfeiertag für den Heiligen Stefan, den Gründer von Ungarn.

Er spielte damit auf das zwischen Budapest und Bratislava umstrittene Gesetz an, wonach Auslandsungarn ab 1. Jänner 2011 die Staatsbürgerschaft der Republik Ungarn beantragen können, auch wenn sie dort keinen Wohnsitz haben. Iveta Radicova will dieses Gesetz auf slowakischem Territorium suspendieren lassen.

"Kein Autonomiewille"

Die Forderungen aus Budapest sorgen in Bratislava immer wieder für Irritationen. Doch lehnte das slowakische Außenministerium bisher jeden Kommentar zu Nemeths Äußerung ab. Stattdessen reagierte der Vorsitzende der für eine Verständigung zwischen den Nationalitäten in der Slowakei werbenden Partei Most-Hid, Bela Bugar. Ernstzunehmen wären die Aussagen Nemeths, "wären sie in der Slowakei gefallen", meinte Bugar. Doch orte er bei den Angehörigen der ungarischsprachigen Minderheit in der Slowakei keinen Autonomiewillen. Die beiden Nachbarländer sollten ihren Streit über das ungarische Gesetz durch ein Abkommen über Doppelstaatsangehörigkeiten beilegen.

Zur Verständigung rief auch der frühere ungarische Staatspräsident Laszlo Solyom bei einer Kranzniederlegung an der Statue des Heiligen Stefan im südslowakischen Komarno auf. Zur Enthüllung des Denkmals im Vorjahr hatte er wegen der Spannungen zwischen Bratislava und Budapest nicht in die Slowakei einreisen dürfen, weshalb Ungarn einen Prozess beim Europäischen Gerichtshof anstrengte.

Ungarn müsse seine Haltung zu den Nachbarn ändern, mahnte Solyom nun. Eine endgültige und befriedigende Lösung der Situation der Auslandsungarn setze außerdem voraus, dass die angrenzenden Länder ihre Wertigkeiten im Verhältnis zu Ungarn überdächten.