Eine neuerliche Diskussion um den Verfassungsgerichtshof (VfGH) möchte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider auslösen. Abermals hat er seine Forderung nach einem Reformprozess des Höchstgerichts bekräftigt.
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Es blieb nicht beim am Montag veröffentlichten Tätigkeitsbericht für das Jahr 2001. Der VfGH trat auch gestern den Attacken der FPÖ entgegen. Rechtsstaat und Demokratie dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, mahnte VfGH-Präsident Ludwig Adamovich bei der Feierlichen Sitzung der Akademie der Wissenschaften.
Zwei Tage zuvor nahm das Höchstgericht Stellung zu den Vorwürfen nach dem so genannten Ortstafel-Erkenntnis - ohne "auf alle zum Teil gehässigen, zum Teil unsinnigen Behauptungen" eingehen zu wollen. Es weist aber auf den "groben Missbrauch" des Begriffs der "absoluten Nichtigkeit" hin, was nicht nur einen "Fußtritt für den Rechtsstaat" bedeute, sondern "genauso gut auch als Theorie für einen Staatsstreich dienen" könnte.
"Kindisch und dumm" klingt diese Kritik für den Kärntner Landeshauptmann. Bei dem Tätigkeitsbericht handle es sich um eine "Fleißaufgabe eines Sekretärs". Klubobmann Peter Westenthaler sekundierte: Das Papier sei "erbärmlich". Ebenso wie Haider forderte er eine Reform des Höchstgerichts - und auch die ÖVP auf, mit diesbezüglichen Verhandlungen im Parlament zu beginnen.
Das Ziel davon wäre, laut Haider, ein VfGH, der "mehr an Verfassungsprinzipien und Demokratie orientiert" sei. Neu zu diskutieren sei beispielsweise, warum der Gerichtshof in kleinen Senaten Entscheidungen treffe.
Das "demokratische Prinzip gegen die Gesetzesprüfung durch den VfGH" ins Treffen zu führen sei unzulässig, hielt dem Adamovich entgegen. Mit einem Satz des Schweizer Staatsrechtslehrers Werner Kägi führte er aus: "Der Rechtsstaat ist die Ordnung, in der ein politisch reifes Volk seine Begrenzung anerkennt." Dies wollte Haider wiederum nicht gelten lassen. Der VfGH sei nur eine von mehreren wichtigen Institutionen, erfahre aber keine Überordnung über Parlament oder Volk, erklärte er via Aussendung.
Die SPÖ zeigte sich empört. Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl bezeichnete die Aussagen des Kärntner Landeshauptmanns als "untragbar" und "in höchstem Maße Besorgnis erregend".