Wieder einmal reagiert Jose Manuel Barroso sehr spät auf Schwachstellen in seinem Teamvorschlag. Fast eine ganze Woche dauerte es von der Anhörung bis zum Rücktritt. Schon letzten Dienstag war die ehemalige Kandidatin für den Job der EU-Kommissarin für Humanitäre Hilfe, Rumiana Jelewa, von einigen EU-Abgeordneten attackiert worden und konnte den Anschuldigungen nichts entgegen setzen. Erst gestern, Dienstag, gab sie offenbar völlig entnervt auf. Wie schon 2004 bedeutet das für Kommissionspräsident Barroso, dass er seine Wunschkandidaten nicht durch die Befragungen im EU-Parlament bringt.
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Damals beharrte er auch so lange auf dem Italiener Rocco Buttiglione, bis es fast zu spät war. Der hatte mit seinen Ansichten über Schwule und Frauen für Verstörung gesorgt. Zwar bescheinigen Politologen Barroso eine geschicktere Vorgehensweise als damals; eine frühere Abklärung der Hintergründe und Fähigkeiten der Kommissarskandidaten hätte freilich ein noch eleganteres Bild vermittelt.
So stellt sich die Frage, ob der 68-jährigen Niederländerin Neelie Kroes mit der "Digitalen Agenda" der richtige Job zugeteilt wurde. In Branchenkreisen wurde zwar ihre frühere Tätigkeit als Verkehrs- und damit Telekomministerin gelobt. Das ist allerdings auch schon 20 Jahre her. Als Wettbewerbskommissarin das befehlen gewohnt, tat sie sich mit den Abgeordneten schwer.
Barroso selbst aber ist schon seit Monaten an der Spitze der EU-Kommission einbetoniert. Bleibt zu hoffen, dass er für seine zweite Amtszeit mehr gelernt hat als für die Steuerung seines Teams durchs EU-Parlament.
Siehe auch:Kraftprobe um neue EU-Kommission