Italien und Spanien sind mit ihrem Widerstand gescheitert.
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Wien. Der Widerstand, den Italien und Spanien leisteten, war ebenso erbittert wie vergeblich. Jahrelang hatten die Südländer versucht, ein einheitliches EU-Patent zu verhindern. Ein Spruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat dieser Blockadepolitik nun eine Abfuhr erteilt.
Rom und Madrid hatten sich vor allem dagegen gewehrt, dass das neue EU-Patent nur in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch erteilt werden soll. Angesichts der dauerhaften Blockade eines einstimmigen Beschlusses sah der Europäische Rat schließlich keinen anderen Ausweg mehr als die "Verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes für die Europäische Union" (Rechtssachen C-274/11 und C-295/11). Diese "verstärkte Zusammenarbeit" kann laut Lissabon-Vertrag als "letztes Mittel" eingesetzt werden, falls die Ziele der Union "nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums" verwirklicht werden können.
Spanien und Italien reagierten 2011 mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof. Ihr Vorwurf: Mit dieser "verstärkten Zusammenarbeit" werde die notwendige Einstimmigkeit der Unions-Mitglieder umgangen.
Letztes Mittel
Nun hat der EuGH entschieden, dass Spanien und Italien die 25 anderen EU-Staaten nicht an der Schaffung eines EU-Patents hindern können. "Die Verstärkte Zusammenarbeit zum neuen Patent trägt zur europäischen Integration bei", argumentieren die Richter unter dem Vorsitz des EuGH-Präsidenten Vassilios Skouris. "Und sie ist in dem langen Entstehungsprozess, wie von den Unionsverträgen gefordert, lediglich als letztes Mittel angewandt worden. Weder der Binnenmarkt noch der wirtschaftliche, soziale oder territoriale Zusammenhalt der Union werde dadurch beeinträchtigt." Die Klage wurde im April in allen wesentlichen Punkten abgelehnt.
Österreich dabei
Damit hat die EU nach mehr als 40 Jahren Verhandlungen ein neues einheitliches Patent beschlossen, das künftig die bestehenden nationalen Patentregelungen ersetzen wird. Bisher haben 25 Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, das zwischenstaatliche Patentabkommen unterzeichnet. Nun ist es an den nationalen Parlamenten, die Verträge zu verabschieden. In Kraft tritt das EU-Patent, sobald es von 13 Vertragsstaaten ratifiziert wurde, wobei Deutschland, Frankreich und Großbritannien als jene Länder mit den derzeit meisten Patentanmeldungen zwingend dabei sein müssen. Da der Deutsche Bundestag die Verträge wahrscheinlich nicht mehr vor den Wahlen im Herbst ratifizieren wird, dürfte das neue EU-Patent nicht wie geplant 2014, sondern erst 2015 in Kraft treten.
"In Österreich soll das Übereinkommen über eine einheitliche Patentgerichtsbarkeit noch in dieser Legislaturperiode im Nationalrat behandelt werden", kündigt Walter Fleissner, Sprecher von Infrastruktur-Ministerin Doris Bures (SPÖ), auf Anfrage der "Wiener Zeitung" an. Derzeit werde ein entsprechender Ministerratsvortrag des Außenministeriums vorbereitet.
Patent-Strategien
Neben der Garantie für einen einheitlichen Schutz in 25 EU-Ländern erhofft man sich vom neuen EU-Patent nicht zuletzt geringere Kosten als beim bisherigen europäischen "Bündelpatent". Während bisher für die Patentanmeldung und Validierung in den 27 EU-Staaten 32.000 Euro zu bezahlen waren, soll das neue EU-Patent nur noch etwa 5000 Euro kosten.
Mit dem EU-Patent ist auch eine einheitliche europäische Patentrechtsprechung verknüpft. Der Patentgerichtshof wird seinen Sitz in Paris haben und Dependancen in London und München unterhalten. Vor allem kleineren Unternehmen soll durch den europaweiten Patentschutz bei der Durchsetzung ihrer Schutzrechte geholfen werden. So hofft man, dass das einheitliche Patent gerade im Wettbewerb mit den USA und Asien zu mehr Chancengleichheit auch für österreichische Unternehmen, insbesondere KMU führen wird.
Letztere werden durch das EU-Patent allerdings auch dazu gezwungen, mehr als bisher eine klare Schutzrechtsstrategie zu verfolgen.
Hilfe bietet hierbei die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) an. "Mit unseren Patent Services begleiten wir mehr als ein Drittel aller KMU, die ihre Erfindungen schützen lassen", wirbt aws-Geschäftsführerin Edeltraud Stiftinger. "Unser Service reicht dabei von speziellen Schutzrechts-Audits und Strategie-Coachings über die Finanzierung von Patentanmeldungen bis hin zur Schutzrechtsdurchsetzung."
Übrigens: Spanien will sich noch nicht geschlagen geben und hat am 22. März 2013 beim EuGH zwei weitere Klagen gegen das EU-Patent eingereicht (Rechtssache C-146/13 und C-147/13). Dabei geht Madrid nun gegen das Patent selbst und die Übersetzungsregelung vor.