Volksanwaltschaft und Justizwachegewerkschaft wollen Maßnahmen zur Entschärfung der Lage in Justizanstalt Josefstadt.
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Wien. Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Justizminister Josef Moser sind nach ihrem Besuch zu Wochenbeginn im "Landl" wieder weg. Hinterlassen haben sie Zusagen für eine künftige Aufstockung des Personals der Justizwache. Das wird von Volksanwaltschaft und Personalvertretern auch positiv zur Kenntnis genommen. Aber sowohl Volksanwaltschaft als auch Justizwachegewerkschaft drängen auf zusätzliche Maßnahmen, um speziell die Situation für Personal und Insassen in der Justizanstalt Josefstadt deutlich zu verbessern. Dazu zählt auch der dringende Wunsch nach einem Gefängnis-Neubau in Wien zur Entlastung des "Landls".
"Ein Neubau wäre wirklich eine Option", betont Volksanwältin Gertrude Brinek im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", die unter anderem für den Strafvollzug zuständig ist. Außerdem prüft die Volksanwaltschaft die Einhaltung der Menschenrechtskonvention.
Im Vordergrund steht für Brinek, dass die Zahl der Inhaftierten in der Justizanstalt in der Wiener Josefstadt deutlich - von rund 1200 auf 900 - reduziert werden müsse. Der Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft, Albin Simma, formuliert unverblümt: "Ein neues Gefängnis für Wien ist unabdingbar." Beide räumen zwar ein, dass die kurzfristige Schaffung von weiterem Haftraum in den Justizanstalten Simmering und in Hirtenberg im südlichen Niederösterreich eine gewisse Entlastung bringe.
Allerdings reiche das zur Bewältigung des Umstands, dass rund 300 bis 350 Häftlinge zu viel in der Josefstadt einsitzen, nicht aus. "Ich muss unter die Kapazität von 900 kommen", erklärt Brinek: "Wenn ich irgendeine Verbesserung will, muss ich mit der Zahl runterkommen."
Volksanwaltschaft und Gewerkschaft honorieren die Personalzusagen von Strache und Moser für die Gefängnisse. "Da sehen wir schon Licht am Ende des Tunnels. Man muss ehrlich sagen, die sind sehr bemüht", stellt Gewerkschaftsvorsitzender Simma ausdrücklich lobend klar.
Rund 3300 Justizwachbeamte sind bundesweit im Einsatz, das Problem ist vor allem, dass 150 bestehende Planstellen mangels Nachwuchs nicht nachbesetzt werden können. Deswegen soll jetzt die Ausbildung mit acht Kursen pro Jahr verstärkt werden.
Zu wenig Haftraum fürzu viele Menschen
Das Hauptproblem vor allem in der Justizanstalt Wien-Josefstadt sehen aber sowohl die Volksanwältin als auch der Personalvertreter in einem anderen Umstand begründet. Es gebe einfach zu wenig Haftraum für zu viele Menschen mit einem in Relation zu kleinem Innenhof. "Diese Einrichtung ist in der Form nicht mehr zeitgemäß", stellt Brinek fest. "Auch wenn ich viel Geld in die Sanierung stecke, werde ich kein wirklich funktionierendes Haus haben", prophezeit sie.
Das meiste Kopfzerbrechen bereiten die vielen Untersuchungshäftlinge. Denn diese haben, wie Brinek hervorstreicht, im Gegensatz zu anderen Häftlingen kein Recht auf Arbeit. Das bedeute, dass diese 23 Stunden am Tag eingeschlossen seien.
"Tatsächlich haben wir in der U-Haft ein Problem", bestätigt der Gewerkschafter. Diese müssen aber wegen der Vorladung beim Landesgericht in der Nähe untergebracht werden. Nach Angaben von Simma liege der Ausländeranteil bei den U-Häftlingen bei 80 bis 90 Prozent. Erschwerend kommt in der Josefstadt dazu, dass auch Frauen und Jugendliche inhaftiert sind. Dazu kommen noch psychisch auffällige Inhaftierte, die als wahrscheinlich unzurechnungsfähige Personen später oft in den Maßnahmenvollzug in spezielle Justizanstalten überstellt werden.
Noch mehr Häftlinge bei strengerem Sexualstrafrecht
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Justizwachegewerkschaft befürchtet, dass sich die Lage verschärfen wird. Er verweist dabei auf die Pläne der Bundesregierung, Sexualdelikte strenger bestrafen zu wollen. Erst vor wenigen Tagen hat die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung angekündigt, bei Vergewaltigungsdelikten soll es nach einer Reform des Strafrechts keine bedingten Haftstrafen mehr geben. Täter müssen demnach jedenfalls ins Gefängnis. Damit wird es laut Simma einen Anstieg der Häftlingszahlen geben.
Die Klage der Gewerkschaft über eine zunehmende Aggression der Inhaftierten lässt sich mit Verweis auf die dokumentierten Vorfälle nicht erhärten. Die Volksanwältin erinnert an die auch von Justizminister Moser vorgelegten Daten. Die Zahl der registrierten Übergriffe in Haftanstalten ist demnach auf einem sehr niedrigen Niveau seit 2016 de facto gleich geblieben.
"Die Aggressivität ist aus Sicht der empirischen Feststellung nicht gestiegen", hält Brinek fest. Allerdings räumt sie ein, dass Justizwachebeamte dies im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen anders erleben. Daher empfiehlt die Volksanwältin vermehrtes Anti-Aggressivitätstraining und Weiterbildungen.
Erfreut ist die Justizwachegewerkschaft über die Zusage von Regierungsseite, dass das Personal künftig wie Polizisten unter die Schwerarbeiterregelung fallen sollen, die eine Frühpension ermöglicht. Rückendeckung und Verständnis gibt es dafür auch von der Volksanwältin: "Dagegen ist nichts einzuwenden."