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Neues Gericht für Steuerstreitigkeiten

Von Sophie Freynschlag

Wirtschaft

Beschwerden bleiben kostenlos, kein Anwalt als Vertretung notwendig.


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Wien. Wer sich wegen einer Steuernachzahlung im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung oder Einkommensteuererklärung beschweren möchte, der könnte künftig mit dem Bundesfinanzgericht zu tun haben. Dieses Gericht hat mit Jahreswechsel den Unabhängigen Finanzsenat (UFS), eine Verwaltungsbehörde, im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit ersetzt. Das Bundesfinanzgericht entscheidet über Beschwerden in Steuer-, Zoll- und Finanzstrafsachen des Bundes, wie Umsatz-, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer. Betroffen sind Bescheide von Finanz- und Zollämtern sowie vom Finanzministerium (beispielsweise wegen Doppelbesteuerung oder Zuzugsbegünstigungen für Promis).

Für Beschwerden in Landes- und Gemeindeabgabensachen (etwa Getränkesteuersachen oder in Kommunalsteuerangelegenheiten) ist hingegen das jeweilige Landesverwaltungsgericht zuständig. Die Bundesländer können diese Zuständigkeit jedoch dem Bundesfinanzgericht übertragen. Wien hat das getan, sodass das Bundesfinanzgericht auch über Abgabenrechtsstreits in Wien entscheidet.

Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung

Beschwerden sind beim Bundesfinanzgericht kostenlos – anders als beim ebenfalls mit 1. Jänner 2014 neu eingerichteten Bundesverwaltungsgericht. Betroffene können die Beschwerde ohne Vertretung durch einen Anwalt einbringen. Innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides muss die Beschwerde beim Finanz- oder Zollamt, das den angefochtenen Bescheid erlassen hat, eingebracht werden – das ist schriftlich, per Fax oder über FinanzOnline möglich, jedoch nicht per E-Mail. Inhaltlich müssen die Bezeichnung des Bescheides, die Anfechtungspunkte, einen Abänderungsantrag und eine Begründung enthalten sein. Eine Beschwerde ist beispielsweise auch zulässig, wenn man beim Ausfüllen der Arbeitnehmerveranlagung Ausgaben für eine private Krankenversicherung oder Kirchenbeitrag vergessen hat.

Das Amt macht eine Beschwerdevorentscheidung, kann also seinen Bescheid abändern. "Diese Vorentscheidung war bis Ende 2013 freiwillig, ist seit 1. Jänner 2014 aber verpflichtend", erklärt Peter Unger, Sprecher des Bundesfinanzgerichtes. Wenn der Beschwerdeführer trotz einer Änderung mit dem Bescheid nicht zufrieden ist, kann er einen Vorlageantrag stellen, sodass die Beschwerde zum Bundesfinanzgericht weitergeleitet wird.

Eine Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, bei Abgabennachforderungen können Betroffene aber beim Finanzamt eine Aussetzung der Einhebung beantragen. Die Richter des Bundesfinanzgerichtes entscheiden – allein oder in einem Senat aus zwei Berufsrichtern und zwei Laienrichter – über drei Arten von Beschwerden:

Bescheidbeschwerde:

Ist jemand mit dem Bescheid eines Finanzamtes, Zollamtes oder des Finanzministeriums nicht einverstanden, weil er der Meinung ist, dass er nicht dem Gesetz entspricht, kann Beschwerde erhoben werden (bisherige Berufung).

Säumnisbeschwerde:

Entscheidet eine Abgabenbehörde des Bundes nicht innerhalb ihrer verpflichtenden Frist (üblicherweise sechs Monate ab Antragstellung), kann eine Säumnisbeschwerde an das Bundesfinanzgericht erhoben werden.

Maßnahmenbeschwerde:

Gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt von Bundesverwaltung oder Finanzstrafbehörden kann eine Maßnahmenbeschwerde beim Bundesfinanzgericht erhoben werden. Bis Ende 2013 waren dafür die Unabhängigen Verwaltungssenate der Länder zuständig.

223 Richter in Wien und in den sechs Außenstellen

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes kann wie bisher innerhalb von sechs Wochen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht werden, wenn nach Ansicht des Betroffenen Verfassungsrechte verletzt wurden. Dafür muss der Betroffene durch einen Anwalt vertreten werden. Eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist jedoch nur mehr zulässig, wenn die Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung hat. Diese Frage muss das Bundesfinanzgericht vorab klären.

Angesiedelt ist das Bundesfinanzgericht im dritten Wiener Gemeindebezirk in der Hinteren Zollamtsstraße 2b, wo vorher das Finanzministerium sein Ausweichquartier hatte. Außenstellen gibt es in Feldkirch, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg. Ingesamt 223 Richter, davon weniger als 100 in Wien, sind am neuen Gericht beschäftigt, Präsidentin ist die frühere UFS-Präsidentin Daniela Moser.

Im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht sind mündliche Verhandlungen nicht die Regel: Zu mündlichen Terminen komme es nur in zehn Prozent der Fälle, sagt Unger. Der UFS hat in den vergangenen zehn Jahren jährlich über rund 10.000 Akten zu Steuern und Beihilfen, Finanzstrafrecht und Zoll entschieden.