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Neues Gesetz zur Bekämpfung von Scheinunternehmen

Von Andreas Tinhofer

Wirtschaft
Andreas Tinhofer ist  Rechtsanwalt und Partner bei MOSATI Rechtsanwälte. www.mosati.at

Unternehmen, die Scheinfirmen, beauftragt haben, könnten unter anderem für Mindestentgelt der Beschäftigten der Scheinfirma haften.


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Im Juli 2015 wurde im Nationalrat das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) beschlossen, das wesentlich zur Finanzierung der Steuerreform beitragen soll. Neben der intensiv diskutierten Kontrolle von niedergelassenen Ärzten durch sogenannte "Mystery-Shopper", möchte das Gesetz auch sogenannte "Scheinunternehmen" bekämpfen.

Scheinunternehmen sind insbesondere Unternehmen, die systematisch Personen als ihre Beschäftigte zur Sozialversicherung anmelden, ohne jedoch Beiträge, Steuern und andere Abgaben zu leisten. Der Gesetzgeber vermutet, dass in diesen Fällen die Arbeitsleistung oftmals faktisch für ein anderes Unternehmen erfolgt, das dadurch die Abgabenverpflichtungen umgeht.

Die Abgabenbehörden werden beauftragt, nach möglichen Scheinunternehmen Ausschau zu halten. Im Gesetz werden verschiedene Anhaltspunkte genannt, die den Verdacht eines Scheinunternehmens begründen können. Verdächtig ist zum Beispiel, wenn ein weiterer Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet wird, obwohl sich das Unternehmen mit der Beitragsleistung bereits erheblich im Rückstand befindet. Die Gesetzesmaterialien sprechen für eine sorgfältige Beurteilung der Verdachtslage, es sind im Rahmen einer "Gesamtbetrachtung" alle relevanten Umstände zu berücksichtigen.

Liegt ein begründeter Verdacht vor, informiert das zuständige Finanzamt das mutmaßliche Scheinunternehmen. Das betroffene Unternehmen hat daraufhin nur eine Woche Zeit, den Verdacht durch persönliche Vorsprache zu widerlegen. Erfolgt dieser Widerspruch nicht rechtzeitig, wird mit Bescheid die Qualifikation als Scheinunternehmen festgestellt. Der Bescheid wird nach Rechtskraft unter anderem der Gewerbebehörde zugestellt, die Information wird zudem im Internet und im Firmenbuch veröffentlicht - es droht ein erheblicher Schaden.

Auch für Unternehmen, die Scheinunternehmen beauftragt haben, besteht ein großes Risiko: Sie haften den Beschäftigten eines Scheinunternehmens für deren Anspruch auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt und sind unter Umständen gegenüber dem Sozialversicherungsträger zur Beitragsleistung verpflichtet.

Der Auftraggeber kann sich allerdings darauf berufen, dass er nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass es sich bei dem Auftragnehmer um ein Scheinunternehmen handelt. Hier ist fraglich, welche Sorgfalt Unternehmen bei der Auswahl von Auftragnehmern walten lassen müssen.

Nach den Gesetzesmaterialien besteht keine Verpflichtung zur "akribischen Nachforschung", erst grob fahrlässiges Handeln führt zur Haftung des Auftraggebers. Es müsse einem Unternehmen etwa auffallen, wenn ein potenzieller Auftragnehmer keinen Internetauftritt hat oder auf der schriftlichen Korrespondenz eine Firmennummer fehlt. Um eine Haftung für Scheinunternehmen auszuschließen, ist es in Zukunft ratsam, die Seriosität potenzielle Auftragnehmer zumindest kursorisch zu überprüfen und diese Recherche zu dokumentieren.

Das neue Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz tritt mit 1. Jänner 2016 in Kraft. Es bleibt abzuwarten, ob die zuständigen Behörden das Gesetz mit Augenmaß anwenden werden.