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Man sollte nicht zu viele Meldungen mit dem Wort "Woke" im Titel lesen. Man ärgert sich ja doch nur über den immergleichen Inhalt: Verbotsgelüste gegenüber gewissen Worten, Werken oder Künstlern im Namen einer besseren Welt. Die jüngste Säuberungswelle gilt Romanen. Angefangen hat’s mit Roald Dahl: Sensitivity Reader (das sind Berufsleser, die im Auftrag Shitstorm-fürchtiger Verlage "Aua" schreien, wenn ein Wort sensible Seelchen schmerzen könnte) sorgten dafür, dass in einer Neuedition Begriffe wie "fett" ebenso ausradiert wurden wie Bezüge zur Kolonialzeit.
Nun geht es Agatha Christie an den Kragen: Formulierungen wie "ein Oberkörper wie aus schwarzem Marmor", so heißt es, würden Anstoß erregen und sollen verschwinden. Echt jetzt? Wenn das rassistisch ist, dürfte Max Frisch ebenso wenig weiße Frauenhaut mit Alabaster vergleichen. Aber es kommt noch kurioser: Es sollen nämlich auch die "James Bond"-Romane von Ian Fleming moralisch "gereinigt" werden. Keine Frage: Flemings Bond strotzt nur so vor Arroganz des weißen, heterosexuellen Mannes gegenüber jeder anderen Lebensform. Die Frage ist nur: Wenn man der Romanfigur all diese Eigenschaften streicht - was bleibt dann vom originalen 007, und steht der Name Fleming noch zu Recht auf dem Cover? Vielleicht sollte man Bücher künftig eher am Flohmarkt kaufen. Das spart Geld und lässt einen das lesen, was ein Autor wirklich geschrieben hat. Wie wertvoll oder zweifelhaft das aus heutiger Sicht auch sein mag.