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Neustart für Italiens Opposition

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Mit Elly Schlein kommt erstmals eine Frau an die Spitze der Sozialdemokraten.


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Zwei Frauen an der Spitze der beiden wichtigsten Parteien: In Italien ist das ein Novum und seit dieser Woche der Fall. Im Oktober wurde mit Giorgia Meloni erstmals eine Frau Regierungschefin. Und seit Sonntagnacht ist auch die Oppositionsführerin im italienischen Parlament weiblich: Elly Schlein übernimmt den Vorsitz der Sozialdemokraten. So viele Frauen gab es noch nie an der Spitze der von Männern wie Silvio Berlusconi, Matteo Salvini oder Giuseppe Conte geprägten italienischen Politik.

In einer Urabstimmung wählten die Sympathisanten des Partito Democratico (PD) Schlein überraschend zur neuen Parteichefin. Die 37-Jährige setzte sich mit 54 Prozent gegen den Favoriten Stefano Bonaccini (56), Präsident der Region Emilia-Romagna, durch.

Die linke Schlein wirkt wie der Gegenentwurf zur rechtsnationalen Meloni. Die Premierministerin stammt aus dem dumpfen, rechtsradikalen Milieu in Rom und verehrte in ihrer Jugend Diktator Benito Mussolini. Schlein hingegen hat internationale Wurzeln und gilt als ausgewiesene Linke.

Erbinnen von Faschismus und Antifaschismus

Geboren wurde Elena Ethel Schlein 1985 bei Lugano in der Schweiz; erst mit 19 Jahren kam sie zum Jura-Studium nach Bologna. Ihr Vater ist ein US-Politologe jüdischer Abstammung, ihre Mutter Italienerin. Die neue Vorsitzende der größten italienischen Oppositionspartei gab während der Wahlkampagne an, antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt gewesen zu sein.

Die Erbinnen von Faschismus und Antifaschismus bestimmen damit fortan Italiens Politik. Schleins Großvater mütterlicherseits war Antifaschist und Parlamentsabgeordneter der Sozialisten.

Auch sonst haben die beiden Frauen an der Spitze der italienischen Politik auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Meloni tritt für die traditionelle Familie ein. Schlein bezeichnet sich als bisexuell und lebt mit einer Frau zusammen. Sie will die Sozialdemokraten auf einen Links-Kurs führen, mit Schwerpunkten auf Klimapolitik, Arbeitsmarkt und gerechter Vermögensverteilung. Während Meloni gegen Nichtregierungsorganisationen vorgeht, die im Mittelmeer Seenotrettung betreiben, fordert Schlein eine menschenfreundliche Migrationspolitik.

"Wir werden den Kampf gegen jede Art von Ungleichheit in den Mittelpunkt stellen", betonte sie in der Nacht auf Montag nach ihrem Wahlsieg. "Das sozialdemokratische Volk ist lebendig und bereit, sich zu erheben."

Von Kritikerin zur Führungsfigur

Ihre ersten Erfahrungen in der Politik machte Schlein in den USA. 2008 und 2012 arbeitete sie als Helferin in den Wahlkampfteams von Barack Obama. 2013 beteiligte sie sich als Aktivistin an der Besetzung von Parteibüros des PD. Sie wollte damit gegen die Beteiligung der Sozialdemokraten an einer großen Koalition mit den Konservativen, insbesondere mit Silvio Berlusconi protestieren. 2014 wurde sie EU-Parlamentarierin. Ein Jahr später trat sie aus dem Partito Democratico aus.

Die Partei war erst 2007 als Zusammenschluss aus Alt-Kommunisten, Sozialisten und linken Christdemokraten gegründet worden. Diese unterschiedlichen Seelen bestimmen bis heute die Gruppierung. Sie zusammen zu halten, wird nun die Herausforderung für Schlein als Chefin sein. Ein Dorn im Auge ist ihr die Politik ihres Amtsvorgängers Matteo Renzi, der die Sozialdemokraten ab 2013 auf einen wirtschaftsliberalen Reformkurs brachte.

Im Herbst 2022 zog Schlein als Unabhängige auf einer linken Liste in Italiens Abgeordnetenhaus ein. Nach dem Wahlergebnis des PD mit nur 19 Prozent der Stimmen bei der Parlamentswahl kündigte Parteichef Enrico Letta seinen Rücktritt an. Etliche Wähler der Sozialdemokraten hatten sich von der Partei, deren Führung sie als elitär wahrnahmen, abgewendet. Nicht so Schlein. Sie trat als Außenseiterin an und steht nun im politischen Rampenlicht. Als Gegenspielerin von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.