Wiens Bürgermeister Michael Ludwig steht als neuer Präsident des Städtebundes vor großen Aufgaben.
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Feldkirch. Als Michael Häupl vor 23 Jahren zum Präsidenten des Städtebundes gewählt wurde, war Österreich gerade der Europäischen Union beigetreten. Zwei Drittel hatten davor bei der Volksabstimmung dafür gestimmt, doch es gab auch Skepsis und Bedenken - auch in den Reihen der Bürgermeister. Zu der ohnehin schwierigen Interessensmelange zwischen Gemeinden, Ländern und dem Bund kam damals eine weitere Ebene hinzu: die EU.
An diese Zeit und ihre Herausforderungen erinnerte am Donnerstag Michael Ludwig, nachdem er beim 68. Städtetag zum Präsidenten des Städtebundes, der Interessensvertretung der österreichischen Städte, gewählt wurde. Tags davor hatte Häupl über eben diese zentrale Aufgabe seiner Amtszeit gesprochen, schließlich hat die europäische Gesetzgebung heute einen bedeutenden Einfluss auf das Wirken in den Kommunen. "Es hat sich durch den Vertrag von Lissabon viel verändert, wir mischen uns jetzt in Europa ein, davor waren die Städte für die EU gar nicht existent", sagte Häupl. Der am Donnerstag zum Ehrenmitglied des Städtebundes gekürte Häupl bedankte sich explizit bei EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP). "Es war sein Verdienst, er hat bei der Einbindung der Städte geholfen."
Häupls Nachfolger in Wien und im Städtebund steht nun ebenfalls vor einer großen Herausforderung, jedoch einer anderen. Vor 23 Jahren waren viele heimischen Städte mit Abwanderung konfrontiert, selbst Wien wuchs nur marginal. Diese Entwicklung hat sich vor allem in den vergangenen zehn Jahren fundamental gedreht. "Schrumpfung wäre aber ein größeres Problem", sagte Ludwig.
Der Zuzug sowie ein ebenfalls steigendes Mobilitätsbedürfnis verlangt nach verkehrspolitischen Maßnahmen; Infrastruktur muss größer gedacht werden; die Kosten für das Wohnen müssen leistbar gehalten werden; bei Bildung und Pflege kommen auf die Kommunen ebenfalls Mehrausgaben zu, um individuelle Ansprüche und gesellschaftliche Notwendigkeiten bedienen zu können.
Konflikte ums Geld
Es ist aber fraglich, ob es dafür auch mehr Geld geben wird. Zuletzt hatte es zwischen Bund und Ländern, Städten und Gemeinden bereits Konflikte darüber gegeben, wer wofür aufkommen muss, etwa für die finanziellen Auswirkungen des Pflegeregressverbotes. Auch die geplanten Reformen bei der Mindestsicherung, der Notstandshilfe und bei bereits umgesetzten Maßnahmen wie beispielsweise den Deutschförderklassen könnten für die Kommunen Mehrkosten bedeuten.
Dazu kommt: Wenn die Bundesregierung wie angestrebt tatsächlich die Steuerquote auf 40 Prozent senken sollte, würde es etwa eine Milliarde Euro weniger für Städte und Gemeinden aus den Ertragsanteilen geben.
Diese Unsicherheiten sind auch ein Grund, warum die am Donnerstag beim Städtebund beschlossene Resolution heuer sehr umfangreich ausgefallen ist. Auf ganzen 21 Seiten formulieren die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Forderungen und Wünsche an die Bundesregierung.
Neben Evergreens aus der Kommunalpolitik wie mehr Steuerautonomie, mehr Mitspracherechte und eine langfristige Finanzierung bei der Pflege finden sich diesmal auch aktuelle Bezüge, darunter zu den Deutschförderklassen. Hier fordert der Städtebund mehr Autonomie, eine konkrete Ausgestaltung auf wissenschaftlicher Basis, Schulerhalter sollen sich durch die Schaffung der zusätzlichen Klassen keinem "exorbitantem Mehraufwand" gegenübersehen.
Neu ist auch der Wunschkatalog zum Thema Wohnen. "Wir müssen die Wohnbauförderung verteidigen, und für die Grundstücksbevorratung benötigen wir bessere rechtliche Rahmenbedingungen vom Bund", sagte Ludwig, der in Wien elf Jahre Wohnbau-Stadtrat war. Vorgänger Häupl hatte vor 23 Jahren mit stetig steigenden Wohnkosten und Bodenpreisen wenig Probleme. Aber es gab damals eben auch keinen Zuzug in die Städte. Wobei dieser doch zu einem Großteil die Folge der Personenfreizügigkeit innerhalb der EU ist.