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Kommenden Freitag, einen Tag nach dem 55. Gründungstag der Zweiten Republik am 27. April 1945 gibt der achte Vorsitzende in der 111-jährigen Geschichte der Sozialdemokratischen Partei, Viktor | Klima, beim 36. ordentlichen Bundesparteitag in der Kurhalle Wien Oberlaa die Führung ab. Mehr als 50 der 55 Jahre seit Republiksgründung war die SPÖ in der Regierung, 30 Jahre davon stellte sie als | stärkste Partei den Bundeskanzler. Nunmehr findet sie sich seit 4. Februar in der ungewohnten Oppositionsrolle. Am 29. April wird mit der Wahl des 40-jährigen Alfred Gusenbauer zum neuen SPÖ- | Vorsitzenden ein Generationswechsel vollzogen. Mit ihm werden Andrea Kuntzl und Doris Bures als Bundesgeschäftsführerinnen bestellt. Als Team wollen sie einen "neust@rt für österreich" | schaffen.
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Der Freitag steht ganz im Zeichen der Verabschiedung des bisherigen Vorsitzenden und früheren Bundeskanzlers Viktor Klima. Dieser habe sich "große Verdienste um die Partei und das Land erworben",
streut der kommende SPÖ-Chef seinem Vorgänger Rosen.
Die Umstellung der SPÖ auf die Oppositionsrolle ist eine der großen Herausforderungen für Gusenbauer. Als die SPÖ 1966 in die Opposition ging · von 1966 bis 1970 hatte die ÖVP eine absolute Mehrheit,
Bruno Kreisky führte danach ein Jahr eine Minderheitsregierung ehe er der SPÖ 1971 zur Absoluten verhalf · habe man ein Jahr lang gebraucht, um Tritt zu fassen, formuliert SPÖ-Vize,
Nationalratspräsident Heinz Fischer: "So gesehen, können wir die Zeit bis zum Sommer sicher noch als Übergangsfrist sehen, ohne gleich nervös zu werden." Er glaubt auch, dass für die SPÖ die "Zeit in
der Opposition durchaus heilsam" sein kann. Gusenbauer hofft, dass sich die Dinge bis Herbst so eingespielt haben, dass die SPÖ ihre Oppositionsrolle tatkräftig wahrnehmen kann.
In der innenpolitischen Leitresolution des Bundesparteivorstandes wird zwar formuliert: "Die FPÖ-ÖVP-Regierung gefährdet die Zukunft unseres Landes und stellt viele Grundlagen in Frage, auf denen die
Republik bisher aufbauen konnte. Je früher diese Regierung abtritt, desto besser für unser Land!" Dennoch wird gleichzeitig festgehalten: "es wäre aber eine gefährliche Illusion, auf einen raschen
Zusammenbruch dieser Regierung zu hoffen." Die SPÖ stellt sich offensichtlich darauf ein, zumindest eine Arbeitsperiode in der Oppositionsrolle zu bleiben. Die Themen für diese Zeit will Gusenbauer
in einem mehr als einstündigen Referat am Samstag vor seiner Wahl vorgeben. Aufgabe der SPÖ werde es sein, verantwortungsbewußte Opposition zu sein. Eine rabiate Oppositionspolitik a la FPÖ wird
abgelehnt. Der neue Vorsitzende wird der Partei eine Strukturänderung, eine Repolitisierung sowie politische Neupositionierungen verordnen.
Organisatorisch wird sich die SPÖ verjüngen. Ein besonderes Anliegen des neuen Vorsitzenden war es, dass alle Jugendorganisationen im Bundesvorstand vertreten sind. Dieser wird daher von 65 auf 70
Mitglieder aufgestockt. Ob die Zahl der acht Stellvertreter des Vorsitzenden bleibt, ist noch unsicher. Ausgemacht ist, dass Karl Schlögl, der selbst gerne Klima als Vorsitzender beerbt hätte, nun
einer der Stellvertreter Gusenbauers wird. Dasselbe wird auch von der SPÖ-Klubobfrau im Salzburger Landtag, Gabriele Burgstaller, erwartet. Die acht derzeitigen Stellvertreter sind Heinz Fischer,
Renate Brauner (Stadträtin in Wien), Michael Häupl (Wiener Bürgermeister), Ernst Höger (früherer SPÖ-NÖ-Chef), Barbara Prammer (Bundesfrauenvorsitzende), Herbert Prock (Tiroler
Landesparteivorsitzender), Walter Schachner-Blazizek (steirischer SP-Chef) und Karl Stix (LH Burgenland).
Nach dem Umbau der Parteispitze plant Gusenbauer eine Erneuerung im Parlamentsklub mit Änderungen bei den Bereichssprechern. Abg. Rudolf Parnigoni, langjähriger Bereichssprecher (Landwirtschaft,
Tourismus, Infrastruktur) sieht diesem Vorhaben eher optimistisch entgegen. Es sei Aufgabe des neuen Vorsitzenden, ein Team zu formieren · aus bewährten Kräften, aber auch neuen. Wichtig sei, dass
sich die Funktionäre wieder verstärkt den Wählerinnen und Wählern im Wahlkreis stellten, meint Parnigoni. Man müsse nicht unbedingt im Nationalrat oder im Präsidium sein, um sich Gehör zu
verschaffen. Die SPÖ könne nur dann diese schwierige Phase überwinden, wenn sie sich ihrer traditionellen Stärken besinne: Geschlossenheit und Solidarität.